Getränkeflaschen – Einweg oder Mehrweg?

Ein Vorschlag der EU-Kommission, Einweggetränkebehälter nur noch zuzulassen, wenn deren Deckel und Verschlüsse an ihnen befestigt sind, sorgt für Aufruhr.

„Mehrwegflaschen sind umweltfreundlicher als Einwegflaschen“, lautet eine der Positionen des Umweltbundesamtes, und beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) heißt es: „Laut des neuen Verpackungsgesetzes wird die Förderung von Mehrweg weiterhin eine wichtige öffentliche Aufgabe sein. Das Gesetz sieht konkrete Schritte vor, um den Anteil der Mehrweggetränkeverpackungen zu erhöhen.“ Als Ziel wurde eine Quote von 70 Prozent festgelegt.

In der Praxis sieht es indes ganz anders aus. Seit 2004 sank der Mehrweganteil bei Getränkeflaschen von damals 66,3 Prozent sukzessive auf zuletzt 42,8 Prozent in 2016. Im umgekehrten Verhältnis stieg der Einweganteil. Der hat sich laut „GfK Consumer Panel 2018“ von 2013 bis 2017 für Getränkeverpackungen (Glas, PET, Karton und Dosen)  im Haushaltsbereich bei knapp 77 Prozent eingependelt.

Neue EU-Vorschriften für Einwegplastikprodukte

Einwegverpackungen aus Plastik hat die EU nun allerdings ins Visier genommen. Zur Verringerung der Meeresabfälle – vor allem Plastik – hat die Europäische Kommission im Mai 2018 neue EU-Vorschriften für Einwegkunststoffprodukte vorgeschlagen. Betroffen wären davon unter anderem Einweggetränkeflaschen aus Plastik. Sie  – wie auch Einwegplastikbecher – sollen künftig, so der Vorschlag, nur eine Zulassung erhalten, „wenn ihre Deckel und Verschlüsse an ihnen befestigt sind.“

Das rief postwendend die großen europäischen Verbände „Unesda, Soft Drinks Europe“ und „EFBW, European Federation of Bottled Waters“ auf den Plan. Beiden gehören nationale Getränkeverbände als auch große finanzstarke Hersteller wie etwa Coca Cola, Pepsico, Nestlé Waters und Danone Waters an. Gemeinsam gaben die beiden Verbände bei PricewaterhouseCoopers International, pwc, eine Studie in Auftrag, welche die Konsequenzen dieser EU-Verordnung eruieren sollte.

Deutliche Gegenwehr der Fachverbände

Die aus dieser unveröffentlichten Studie von den beiden Verbänden am 4. Dezember 2018 in einer gemeinsamen Stellungnahme publizierten Zahlen stimmen nachdenklich: Demnach wird die Umsetzung der EU-Vorschrift zu Flaschenverschlüssen die Menge des zur Flaschenproduktion nötigen Plastiks um 50.000 bis 200.000 Tonnen pro Jahr erhöhen. Außerdem werde die Einführung der fixierten Flaschenverschlüsse schätzungsweise 381 Millionen kg CO2-Äquivalente produzieren, was dem Ausstoß von 244 Millionen zusätzlichen Autos entspreche. Hinzu kämen ferner Kosten für die entsprechende Umrüstung von rund 1350 Abfüllanlagen  in Europa von mindestens 2,7 Milliarden Euro, schlimmstenfalls bis zu 8,7 Milliarden Euro.

Auf Basis dieser Zahlen bemängeln die Verbände aber jetzt, dass die EU Kommission bei der Formulierung ihrer neuen Vorschrift keine Folgeabschätzungen miteinbezogen hat. Daneben gibt das Unesda-Mitglied „Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke e.V.“ (wafg), zu bedenken, dass „es derzeit nach unseren Informationen noch gar keine marktfähige Technologie für kohlensäurehaltige Getränke gibt. Diese muss zunächst noch entwickelt werden.“ Schließlich warnen die Verbände, dass die neue Vorschrift aus den oben genannten Gründen etliche mittelständische Getränkehersteller zur Aufgabe zwingen könnte. Immerhin so Dr. Detlef Groß, Hauptgeschäftsführer der wafg, sind „die Kosten für die Produktionsumstellung pro Anlage enorm und liegen deutlich im sechsstelligen Bereich.“

Gelassenheit bei einem Mittelständler

Waterplus Trinktechnik in Sulzbach-Rosenberg ist ein mittelständisches Unternehmen, das Getränkeflaschen aus Plastik herstellt, und sein Chef Robert Meier hat die EU-Vorschrift mit anderen mittelständischen Kollegen ebenfalls bereits diskutiert. „Die Entwicklung eines neuen Werkzeuges für solch einen neuen Flaschenverschluss“, erklärt der Praktiker, „dauert etwa ein halbes Jahr. Die Kosten für das neue Werkzeug liegen bei rund 50.000 Euro.“ Für kleine Mittelständler, die hauptsächlich Einwegflaschen produzieren, wären solche Kosten problematisch. Da könnten einige vom Markt verschwinden. „Für die großen Hersteller sind solche Beträge jedoch überhaupt kein Thema“, sagt Meier. Meier selbst ist ohnehin entspannt,  da er nämlich zu 90 Prozent Mehrwegflaschen produziert, die von der EU-Verordnung gar nicht betroffen sind. Aus seiner Sicht ist das Hauptproblem in diesem Kontext ohnehin eher, eine praktikable Lösung für einen fixierten Verschluss zu finden. „Das ist gar nicht so einfach. Deswegen wird sich die Verordnung so leicht nicht umsetzen lassen“, so Meiers Fazit.

 

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