Jetzt übernehmen die Maschinen

Fleischverarbeitende Betriebe holen bei der Automatisierung auf. Gründe sind höhere Arbeitskosten und Hygiene- und Sicherheitsstandards. Die Verpackung spielt dabei eine entscheidende Rolle.

Automatisierung ist bei Herta Programm. Alle Aggregate in einer Verpackungslinie sind automatisiert. Angefangen bei der Aufschnittmaschine über die Vakuumverpackungsanlage, die Qualitätskontrolle mit Waage, die optische Kontrolle mit Bilderfassung, den X-Ray-Scanner zur Fremdkörpererkennung bis zum Kartonieren, Palettieren und Folieren. „Da wir unsere Produkte traditionell in vielen manuellen Prozessschritten herstellen, können wir sie durch einen hohen Automatisierungsstand bei der Verpackung konkurrenzfähig anbieten“, sagt Georg Schröder, Leitung Automatisierung bei der Herta GmbH.

Auch der Abtransport der Fertigpaletten und die Versorgung der Verpackungslinie mit Packmaterial ist automatisiert. Autonome Fahrzeuge bekommen ihre Transportaufträge direkt von der Verpackungslinie. „Wir benötigen damit keine Zwischen- oder Tageslager an der Verpackungslinie, die Nachschub­anforderung an Verpackungsmaterial wird automatisch bedient und Fertigwaren werden sofort von der Linie abgeholt und zur Distribution weitergegeben“, sagt Schröder. Dadurch spare das Unternehmen Zeit und Platz. „Weiter haben wir einen Gewinn bei der Sicherheit, da die autonomen Fahrzeuge überwiegend eigene Fahrwege benutzen und mit einer sehr zuverlässigen Sicherheitstechnik ausgerüstet sind.“

„Da wir unsere Produkte traditionell in vielen manuellen Prozessschritten herstellen, können wir sie durch einen hohen Automatisierungsstand bei der Verpackung konkurrenzfähig anbieten.“  
Georg Schröder, Leitung Automatisierung bei der Herta GmbH.

Die fleischverarbeitende Industrie holt beim Thema Automatisierung kräftig auf. Lange war sie für sehr viele handwerklich geprägte Betriebe kein Thema. Doch seit einigen Jahren investieren die Unternehmen zunehmend in die Optimierung ihrer Prozesse. Gründe sind hierfür zum einen gestiegene Arbeitskosten und immer höhere Anforderungen an Sicherheit und Hygiene. Aber auch größere Betriebe mit höheren Stückzahlen sind ein Grund, weshalb die Automatisierung zunimmt.

Die Produkte in Deutschland und den angrenzenden Ländern wie Österreich und der Schweiz seien oft nur unzureichend auf eine konsequente Automatisierung ausgelegt, sagt Stefan Dangel, Vertriebsleiter des Verpackungsmaschinenherstellers Sealpac GmbH. Dies habe historische Gründe in ihrer handwerklichen Herkunft und den damit zusammenhängenden Produktionsmethoden.

Konzentration ist der Turbo für die Automatisierung

Die fortschreitende Konzentration in der fleischverarbeitenden Industrie und die damit einhergehenden effizienteren Produktionsabläufe würden jedoch einen klaren Trend in Richtung Automatisierung aufzeigen. „Reduziert auf den Verpackungsprozess bedeutet dies eine wohlüberlegte Leerverpackungszuführung, eine optimierte Produktbeschickung, einen effizienten primären Verpackungsprozess, automatisiertes Labeling und Kennzeichnen inklusive einer mehr und mehr geforderten hundertprozentigen Kontrolle der sekundären Verpackungsdaten und letztlich eine hocheffiziente End-of-Line-Lösung.“

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Nach Zahlen der International Federation of Robotics (IFR) aus dem Jahr 2018 werden rund 33 Prozent der jährlich produzierten Industrieroboter in die Autoindustrie geliefert. Dahinter liegt die Elektroindustrie mit 32 Prozent. Die Lebensmittel- und Getränkeindustrie folgt mit einem Anteil von weniger als 3 Prozent an der Gesamtnachfrage deutlich dahinter. Das zeigt, dass in diesem Bereich noch Nachholbedarf besteht. So haben Anbieter von Automatisierungstechnik hier einen Wachstumsmarkt ausgemacht. Zum einen, weil die bisherigen Installationen noch gering sind, zum anderen aber auch, weil Automatisierung helfen kann, die Produktivität zu steigern, Arbeitsunfälle zu reduzieren und bessere hygienische Bedingungen zu gewährleisten.

Verpackungsmaschinen sorgen für lange Haltbarkeit

Vorreiter in der Lebensmittelindustrie ist die Milchbranche. „Hier wurde bereits vor Jahren durch Fusionen und Zusammenlegungen von Produktionsprozessen ein hoher Automatisierungsgrad erzielt“, erklärt Dangel. „Der Vollständigkeit halber muss an dieser Stelle jedoch auch erwähnt werden, dass Milch oder pumpfähige Käsevorprodukte, also Käsebruch, einfacher zu automatisieren sind als ein biegsames Schweineschnitzel aus verschiedenen Teilstücken der Schweinekeule mit seinen unterschiedlichen Gewichts- und Qualitätsklassen.“

Für Volker Sassmannshausen, Produktmanager Thermoforming bei der GEA Food Solutions Germany GmbH, ist das A und O bei der Automatisierung die Verfügbarkeit der Maschinen. „Wir haben es hier nicht mit dem Verpacken von technischen Gütern wie zum Beispiel Schrauben zu tun, sondern mit wertvollen Lebensmitteln mit einer nur begrenzten Haltbarkeit“, sagt er. „Ohne die Verpackungsmaschinen wären die heutigen Warenströme und die aktuelle Haltbarkeit nicht denkbar.“

Automatisierung kann dabei helfen, die Ausfallzeiten zu verringern, etwa durch sich selbst diagnostizierende Maschinen. Sie stellen Informationen für das Wartungspersonal zusammen, sie regeln sich aber auch selbstständig und greifen optimierend in Prozesse ein. „Durch die Überprüfung werden Wartungsintervalle planbarer und die Ausfallzeiten minimiert“, erklärt Sassmannshausen.Ein weiterer Trend seien Pick&Place-Roboter, die die Waren be- und entladen. Zudem sei es wichtig, dass die Verpackungsmaschine mit den Systemen, die ihr vor- oder nachgeschaltet sind, vernetzt ist, sodass die Kontrolle über den Ablauf an einem Punkt zusammenläuft. „Dafür müssen die Steuerungstechnik zusammengeschaltet und Schnittstellen geschaffen und abgestimmt sein“, sagt Sassmannshausen.

Maschinelle Kontrolle ist dem Menschen überlegen

Ein Bereich, in dem Maschinen zunehmend Aufgaben von Menschen übernehmen, ist die Kontrolle und Inspektion der Ware. Während Menschen nur Stichproben kontrollieren können, ist mit Maschinen künftig die Kontrolle jedes einzelnen Produktes möglich. „War bisher der Mensch als Kontrollinstanz für Produkt, Verpackung und Kennzeichnung das Maß aller Dinge, lässt sich eine zuverlässige Kontrolle im hohen Leistungsbereich heute praktisch nicht mehr auf diese Art durchführen“, sagt Dietmar Bohlen, Bereichsleiter Multivac Deutschland, Vertrieb Food Nord. Einzelne Stichproben genügten in der Regel nicht, um die gesetzlichen Vorgaben erfüllen und die Verbrauchersicherheit gewährleisten zu können. So müssten Packgut und Verpackung auch bei hohem Durchsatz zuverlässig auf sichtbare Fremdkörper hin überprüft werden. Hinsichtlich der Qualität sei sicherzustellen, dass zum Beispiel das zu verpackende oder verpackte Fleisch keine unerwünschten Eigenschaften aufweist und die Produkte korrekt und gewichtsgenau in die Verpackung eingelegt werden.

Auch die Kennzeichnung ist eine mögliche Fehlerquelle: Das Etikett muss an der richtigen Stelle aufgebracht, der Barcode lesbar sein. Zudem sind alle relevanten Informationen wie beispielsweise ein Mindesthaltbarkeitsdatum abzubilden. Alle Angaben müssen selbstverständlich den im System hinterlegten Referenzdaten entsprechen. „Um sicherzugehen, dass nur korrekte Verpackungen in den Verkauf gelangen, muss also tatsächlich jede einzelne Packung überprüft werden“, sagt Bohlen. „Diese Aufgabe erledigen nur automatische Inspektionssysteme schnell, präzise und dauerhaft zuverlässig.“ Bohlen schränkt allerdings ein, dass Automatisierung nicht immer und überall sinnvoll ist. Der Automatisierungsgrad müsse an den Bedarf des Unternehmens angepasst werden und sich wirtschaftlich darstellen lassen.

Mit der Automatisierung kommen neue Herausforderungen auf die Unternehmen zu. Denn damit etwa eine Prozessanalyse erfolgreich ist, werden sehr viele Daten benötigt. Lagertemperaturen, Schwingungswerte, Drehmomente etwa zur vorbeugenden Wartung von Antriebseinheiten.  Geschwindigkeit, Ausschuss, Gewichte, Auftrags- und Qualitätsdaten sowie die Analyse von Verpackungsprozessen – und viele mehr. „Damit eine wirklich sinnvolle Auswertung erfolgen kann, sind möglichst viele Daten zu sammeln und zusammenzuführen und auch mit Erfahrungen aus anderen Fabriken zu vergleichen“, sagt Herta-Mann Schröder. Damit bekommt auch das Thema IT-Sicherheit ein immer größeres Gewicht. „Durch die Vernetzung aller Komponenten ist auch die Angriffsfläche viel größer geworden.“

 

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