Nachhaltige Verpackungen: So tickt der Verbraucher!?
Der gut informierte und rational entscheidende Käufer ist die Ausnahme. Das gilt auch im Zusammenhang mit Verpackungen. Ihre Bedeutung im Marketing-Mix darf daher nicht unterschätzt werden.
„Über 95 Prozent aller Kaufentscheidungen werden unbewusst getroffen – nicht rational, sondern emotional“, zitiert Marktforscher und Stratege Dr. Ralf Mayer de Groot eine zentrale Erkenntnis der Hirnforschung. „Aber wie tickt der Kunde wirklich? Was sind die wahren Kaufgründe? Wie können Sie die Markenwahl beeinflussen? Welche Emotionen lösen Käufe aus – und warum andere nicht?“ Diese Fragen sind nicht leicht zu beantworten, wie bekannte Fallbeispiele aus der Markenindustrie eindrücklich belegen. Die Einführung einer Kunststoffverpackung für eine Schokoladentafel beispielsweise bescherte einem Hersteller nicht nur viel Umweltkritik und negative PR, sondern auch den Verlust von einem Drittel Marktanteil und Kosten im hohen zweistelligen Millionenbereich.
Bedeutung der Verpackung wird unterschätzt
Solche Geschichten sind beileibe kein Einzelfall: Wird im Rahmen des Relaunches das Verpackungsmaterial von Getränken, Süßwaren oder Putzmitteln geändert und neu gestaltet, dann hat das zum Teil wesentliche Auswirkungen auf Erfolg oder Misserfolg eines Produktes. „Sogar vermeintlich kleine Verpackungsveränderungen können durch Assoziationen große Image- und Absatz-Effekte auslösen“, weiß Mayer de Groot.
Die Bedeutung der Verpackung im Marketing-Mix ist demnach immens: „Sie ist die konzentrierteste Form der Markenidee, positioniert und differenziert das Produkt auf direktestem Wege. Die Verpackung ist das kostengünstigste und am längsten wirkende Kommunikationsmittel am Einsatzort.“ Aber noch immer unterschätzten 55 Prozent aller Marketingfachleute die strategische Bedeutung von Verpackung und Produktdesign. Beides werde viel zu selten vorher „hart“ getestet.
Der informierte Käufer ist die Ausnahme
Die Zahlen der Marktforscher belegen, wie wankelmütig Verbraucher beim Einkauf reagieren: 70 Prozent aller Kaufentscheidungen fallen am POS in durchschnittlich weniger als vier Sekunden. Über ein Fünftel aller geplanten Käufe werden sogar noch am POS abgebrochen. „Selbst beim Thema Nachhaltigkeit kann man dem Konsumenten nicht vertrauen, dass er sich so verhält wie er sagt“ – auch das zeigt die Marktforschung. Begriffe wie „Ökobilanz“, „CO2-Fußabdruck“ und „biologisch abbaubar“ werden ansatzweise, aber nicht vollkommen verstanden. Bei Karton und Papier fühlen sich die Befragten in ihrer Beurteilungsfähigkeit noch „relativ sicher“. Aber in Wirklichkeit ist ihr Wissen begrenzt. Bei Kunststoff sowie „Plastik” dominieren Aussagen wie „verursacht viel (Plastik-)Müll und ist umweltschädlich”. 90 Prozent der Konsumenten wünschen sich auf den Verpackungen Umwelthinweise, aber elf von 13 getesteten Umweltzeichen kennen sie nicht.
Nachhaltige Verpackungen scheitern am Preis
Das beweist auch das Beispiel der frischen Blaubeeren. Am wichtigsten für den Konsumenten ist den Umfragen zufolge die Qualität der Beeren: frisch, guter Geschmack, reif, gutes Aussehen und gesund. Von den Verpackungseigenschaften wird erwartet, dass die Beeren gut sichtbar, gut geschützt und gut in der Verpackung aufzubewahren sind. Diese Kriterien sind für Verbraucher weitaus wichtiger als ökologische Kriterien wie umweltfreundliches Verpackungsmaterial oder gute Recyclebarkeit. Fast 40 Prozent der Käufer sind immer noch nicht bereit, höhere Preise für nachhaltige Verpackungen zu bezahlen. Eine große Zielgruppe wird daher auch weiterhin transparente Kunststoffverpackungen kaufen. Markttreiber sind die Sichtbarkeit der Beeren und niedrigere Preise. Holzschliff-, Faserform- und Kartonschalen befriedigen dagegen die Bedürfnisse von stärker umweltorientierten Konsumentensegmenten, die bereit sind, höhere Preise zu bezahlen.