Nachhaltigkeit anpacken – anders verpacken

Nachhaltigkeit war eines der ganz großen Themen auf dem Kongress Packaging 360° in Frankfurt. Das Credo der Verpackungsprofis lautete: Wir müssen dem Plastik einen Wert geben, statt ihn verbannen zu wollen. So werde am besten ökologisch nachhaltig gehandelt.

Beim Waldspaziergang mit seinen beiden Hunden entdeckte er immer wieder achtlos weggeworfenen Plastikmüll, darunter Tüten aus seinem Edeka-Markt: „Das hat mich getroffen“, erzählte Jan Meifert (36). Für den selbstständigen Edeka-Kaufmann aus Neumünster war der Punkt erreicht, an dem er das Thema Nachhaltigkeit konsequent anpacken wollte. „Nicht reden, machen!“ lautete daher seine Aufforderung auf dem 1. Fachkongress „Packaging 360°“ des Deutschen Fachverlags (dfv) in Frankfurt.

Experten aus Industrie, Handel, Wissenschaft und Dienstleistungsgewerbe sprachen im Steigenberger Airport Hotel über Potenziale im Packaging. Der persönliche Bericht des „Edekaners“ Jan Meifert, der alle Plastiktüten aus seinen Märkten verbannt hat und mit der Umweltorganisation WWF kooperiert, berührte das Fachpublikum. Das Thema Nachhaltigkeit könne man – ebenso wie digitale Transformation – gar nicht ernst genug nehmen, wenn es um den Verpackungsmarkt der Zukunft geht, sagte Thomas Reiner, CEO Berndt & Partner Group, eine Agentur für Verpackungsdesign. „Marken, die nachhaltig nicht funktionieren, haben ein Problem“, sagte Reiner. Der „Hauptanker für Verbraucher ist die Verpackung“, daher müsse eine erfolgreiche Marke eine nachhaltige Verpackung aufweisen, um zukunftssicher zu planen. Möchte ein Verbraucher oder eine Umweltschutzorganisation wie Greenpeace die Nachhaltigkeit eines Produkts sehen, schaut er zunächst auf die Verpackung, erklärte Reiner. Globale Unternehmen und Marken reagieren bereits auf diese Entwicklung. Die Liste der Beispiele, die Reiner präsentierte, ist lang: McDonald’s will 2019 die Plastik-Strohhalme verbannen, Joghurt-Hersteller Danone will bis 2025 alle Flaschen aus 100 Prozent recyceltem Plastik herstellen. Bis dahin will Markendiscounter Aldi das Verpackungsvolumen um die Hälfte senken. Die Hälfte davon wiederum soll raus recyceltem Material bestehen.

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Warum stehen Kunststoffverpackungen überhaupt im Fokus? Auch diese Frage beleuchteten die Experten in ihren Fachvorträgen und in den Diskussionsforen, die von Matthias Mahr, Chefredakteur packREPORT und packMITTEL sowie Bernd Biehl, stellvertretender Chefredakteur Lebensmittel Zeitung, moderiert wurden. Verpackungen nehmen 40 Prozent des Kunststoffverbrauchs ein. Mehr als 8 Millionen Tonnen Plastik landen jährlich in den Ozeanen. Andere aktuelle Zahlen brachte auch Dr. Thorsten Leopold, Leiter internationale Verpackungsentwicklung Laundry & Home Care, Henkel AG & Co. KGaA, mit: „Im Jahr 2050 könnte es mehr Kunststoff als Fische in den Weltmeeren geben“, so eine Prognose der Ellen MacArthur Foundation. Weltweit würden nur 14 Prozent der Plastikverpackungen gesammelt und recycelt. Daher sei Nachhaltigkeit ein sehr großes Thema beim Waschmittel-Hersteller Henkel. Henkels Verpackungsstrategie ist in einer zirkulären Wertschöpfungskette eingebettet, erklärte Leopold. Er nannte einige der großen Henkel-Nachhaltigkeitsziele: bis 2025 sollen 100 Prozent der Verpackungen recycelbar, wiederverwendbar oder kompostierbar sein. Bis dahin soll eine Milliarde Verbraucher durch gezielte Information zum Thema Recycling erreicht werden. Leopold nannte auch Beispiele für intelligentes Verpackungsdesign, das Material einspare. So beispielsweise „gesleevte“ Verpackungen: Der Kunde soll den eingebauten „Reißverschluss“ einer Verpackung öffnen können, um diese richtig zu trennen und zu entsorgen. Recycelte Verpackungsmaterialien haben häufig andere Eigenschaften als neue Rohstoffe, beispielsweise in Hinblick auf die Stabilität oder Optik. Der Einsatz von Rezyklat sei daher auch eine Herausforderung für die Industrie, gab Leopold zu Bedenken. Oftmals gebe es einen störenden Eigengeruch. Und: Gutes Rezyklat sei teurer als Neuware. Um so genanntes Primärmaterial in den Verpackungen von Henkel zunehmend zu ersetzen, komme es daher zunehmend auf intelligente Verpackungsdesigns an. Deshalb legt Henkel zukünftig einen noch größeren Fokus auf Produktdesigns, die von Anfang an eine Kreislaufwirtschaft ermöglichen.

„Verpackungsmaterial einen Wert geben“

„Verpackung und dessen Footprint sind nicht das größte Problem“, sagte Dr. Christian Detrois, Corporate Packaging Manager bei Nestlé Deutschland. Auch Nestlé wolle das Verpackungsmaterial reduzieren und verfolge viele nachhaltige Ziele. Den größten Teil des ökologischen Fußabdrucks mache jedoch das Produkt selbst aus. „Kunststoffe sind auch nicht das Problem. Die größte Herausforderung ist, dafür zu sorgen, dass Kunststoffe nicht in die Umwelt gelangen“, so Detrois. Plastik zu verbannen, sei also nicht die Lösung. Sein Lösungsvorschlag: „Dem Verpackungsmaterial einen Wert geben.“ Seitdem in Polizeimeldungen immer wieder zu lesen sei, dass Kupferrohre und Blitzableiter gestohlen werden, wisse die Öffentlichkeit: Kupfer hat einen Wert. Kunststoffverpackung müsse also als wertvoll wahrgenommen werden. Zudem könne kein Beteiligter in der Wertschöpfungskette allein das Problem lösen: Nestle sei bereit, seinen Beitrag zu leisten. Es müsse noch sehr viel getan werden, sagte Dr. Marina Beermann, die für den WWF Deutschland, die Partnerschaft mit Edeka verantwortet. „Mir fehlt die Kommunikation einer Nestle sowie von anderen Unternehmen, die der der Verbraucher versteht – in Bezug auf die gesetzten Ziele und dem transparenten Nachhalten dieser. Zudem fehlen Lösungsansätze, die verschiedene Akteure entlang von Wertschöpfungsketten umfassen.“

 

 

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