Stop mit der weiteren Individualisierung der Verpackung

Immer mehr neue individuelle Getränkeverpackungen kommen auf den Markt. Dieser Trend, der auch auf der BrauBeviale in Nürnberg erkennbar war, müsse aufhören, fordert Günther Guder, Geschäftsführender Vorstand des Bundesverbands des Deutschen Getränkefachgroßhandels.  

Die Verpackungsvielfalt ist insgesamt ein Segen für die Getränkebranche, sagt Günther Guder. „Deutschland verfügt über das weltweit größte und bedeutendste Mehrwegsystem im Getränkebereich.“ Das liege daran, dass viele mittelständische Unternehmen ihre verschiedenen Produkte in den unterschiedlichen Getränkesegmenten überwiegend in Mehrweg anbieten. „Die zunehmende Verpackungsvielfalt führt aber auch zu einem komplexeren Handling für die Industrie sowie den Groß- und Einzelhandel“, erklärt er. Der heiße Sommer 2018 war für die Hersteller und die Händler von Durstlöschern nicht nur besonders umsatzstark, sondern stellte sie vor besondere logistische Herausforderungen. Guder sagt daher: „Wir haben ein gutes System, aber es reicht jetzt, noch mehr Individualleergut ist nicht sinnvoll.“ Er sagt: „Stop mit der weiteren Individualisierung“.

Zuletzt hat vor einigen Wochen die Privat-Brauerei Heinrich Reissdorf GmbH & Co. KG ein neues Individualgebinde für Kölsch auf den Markt gebracht – eine moderne Klarglas-Flasche. „Das ist keine gute Entscheidung des Kölsch-Marktführers“, so Guder. Beispiele aus der Vergangenheit zeigten, dass eine Individualisierung des Gebindes nicht zu Mehrabsatz führe, sondern nur einen kurzen Marketingeffekt habe, sagt Guder. „Der Hersteller sollte wissen:  Aus unserer Sicht kommt es doch in erster Linie auf das Produkt an – also auf den Inhalt und die Marke“, betont Guder.

Euroflasche erlebt Renaissance

Die in den letzten Jahren zusätzlich auf den Markt gebrachten Mehrweggebinde reichen aus, sagt er und nennt Beispiele. Die Biere „Tannenzäpfle“ oder „Augustiner“ werden seit Jahrzehnten in der 0,33l-Vichy-Flasche beziehungsweise der 1954 eingeführten kleinen, rundlichen Euroflasche gut verkauft.  Die Euroflasche erlebe derzeit ohnehin eine Renaissance. Ein weiteres positives Beispiel für die Weiterentwicklung der Mehrwegflasche liefere das Familienunternehmen Euroglas Verpackungsgesellschaft mbH, das mit seiner Flaschenneuheit „die kleine Halbe“  2018 den Mehrweg-Innovationspreis der Deutschen Umwelthilfe gewann. Das 33cl-Format entspricht dem Zeitgeist in der Getränkeabfüllung, heißt es. „Aber muss dann ein anderer Hersteller gleich noch eine weitere zusätzliche Variante in den Markt bringen?“, fragt Guder kritisch.

Günther Guder, Geschäftsführender Vorstand des Bundesverbandes des Deutschen Getränkefachgroßhandels e.V., 
Präsident der European Federation of Associations of Beer an Beverages Wholesalers und
Vorsitzender des Vereins Pro Mehrweg e.V. 

Laut einer Deloitte-Studie von 2014 im Auftrag der Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie (BVE) und des Handelsverbandes Deutschland (HDE) machen 0,5 Liter Gebinde Dreiviertel des Mehrweganteils aus, erklärt Guder. Individualflaschen haben dabei lediglich einen Anteil von 15 Prozent am 0,5-Liter-Markt und 11 Prozent am Gesamtmarkt.

Mehrweg-Poolsysteme seien aus wirtschaftlichen Gründen und zum Schutz der Umwelt Individualgebinden vorzuziehen. Denn rund 50 Getränkefachgroßhändler bieten bei Durchmischung der Kästen eine Sortierung als bezahlte Dienstleistung an. Ein Procedere zur verbesserten logistischen Abwicklung der Entsorgung von Einzelflaschen aus den Geschäften sei zudem einvernehmlich unter der Regie der GS1-Germany GmbH mit allen Marktbeteiligten Anfang 2017 besprochen worden. Dabei spielen neutrale Ersatzgebinde wie Trays eine wichtige Rolle. Über diese neutralen Trays könnte zukünftig auch die Anlieferung sogenannter Six-Packs in die Märkte erfolgen. „Damit könnte der Einsatz gebrandeter Kisten reduziert und Komplexität in der Logistik vermieden werden“, so Guder

Allerdings will Guder Individualflaschen auch nicht verteufeln: „Transportwege von Individualflaschen sind nicht generell länger. Und laut der Deloitte-Studie erreichen Mehrweg-Individualflaschen mit bis zu 25 Umläufen ausreichend hohe Umlaufzahlen.“ Denn bereits die ersten zehn Umläufe einer Mehrwegflasche generieren rund 90 Prozent der Ressourceneinsparungseffekte.

Fazit: „Vorhandene Mehrwegsysteme gilt es auszubauen und zu aktualisieren. Die Nutzung der Poolsysteme für Mehrweg sollte aus wirtschaftlichen Gründen und zum Schutz der Umwelt Vorrang vor Individualgebinden haben.“

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