Erfolgsstory E-Commerce setzt sich nachhaltig fort

Die FACHPACK steht unter dem Leitthema “Transition In Packaging“, das den derzeit stattfindenden Wandel in der Branche beschreibt. Dieser zeichnet sich auch durch steigenden E-Commerce aus. Auch die Palette an Versandmaterialien und Verpackungen für den Onlinehandel wird immer größer. Nachhaltige und digitale Lösungen sind im Trend.

Kleiner geht’s kaum: Kontaktlinsen zählen zu den Waren, die gern online bestellt werden. Das Produkt ist stets gleich, die Versandverpackung allerdings nicht. Mal kommt die Monatspackung in einer Versandtasche, die gut in den Briefkasten passt. Mal aber bringt der Paketzusteller die Linsen – in einem großen Paket samt reichlich Füllmaterial aus Kunststoff. Gleiche Erfahrungen sammeln hin und wieder auch Konsumenten, die Kosmetika online bestellen. Übergroße Verpackungen haben mit einem Dilemma in der Logistik zu tun, räumt Alien Mulyk, Verpackungs- und Retourenexpertin beim Bundesverband E-Commerce (bevh) ein. Zu große Verpackungen verärgern die Kundschaft und vermiesen am Ende das Geschäft, so das Fazit einer aktuellen Umfrage des Verpackungsherstellers DS Smith. Betrachtet man die Gesamtstatistiken haben solche Ärgernisse allerdings derzeit keine Auswirkungen. Nach einer Statistik des bevh geben nur zwei Prozent der deutschen Wenig-Besteller an, dass sie wegen der Lieferqualität den E-Commerce meiden – der EU-Durchschnitt liegt bei 9 Prozent.

Umsätze weiter auf hohem Niveau

Fakt ist: Der Onlinehandel boomt weiterhin. Der bevh ermittelte im Jahr 2021, dass durchschnittlich 43,6 Prozent innerhalb der letzten sieben Tage online eingekauft haben (2017: 38 Prozent). Davon haben fast 41 Prozent in diesem Zeitraum sogar mehr als einmal waren im Internet bestellt. Die seit Kriegsbeginn abgekühlte Konsumlaune prägte zur Jahreshälfte zwar auch den E-Commerce, allerdings liegen die Umsätze weiter auf hohem Niveau: Die gesamten aufgelaufenen Umsätze im 1. Halbjahr 2022 liegen 1,3 Prozent unter den Halbjahresumsätzen von 2021, aber mit 32,9 Prozent Zuwachs noch immer substanziell über dem Wert des 1. Halbjahres 2019. Maßgeblicher Treiber der Erfolgsstory E-Commerce sind neben effizienter Logistik und digitaler Technologie die Verpackungen, die den sicheren Transport der Produkte ermöglichen. In mehr als 90 Prozent der Fälle handelt es sich dabei um Verpackungen aus Wellpappe. Sie schützen das Produkt und präsentieren die Marke oder den Händler.

Die Vielfalt an Verpackungen und Packhilfsmitteln wird allerdings immer größer. Die Liste der Möglichkeiten ist lang: Versandkartons mit Selbstklebestreifen oder Aufreißperformation, Klappschachteln und portooptimierte Postverpackungen gehören dazu. Für Polster und Füllstoffe gibt es neue biobasierte Materialien, die Kunststoff ersetzen. Die in der Öffentlichkeit viel diskutierten Mehrwegsysteme bleiben im E-Commerce mittelfristig eine Nische. Zu diesem Fazit gelangt das IFH Köln in einer Studie im Auftrag des Verbands der Wellpappen-Industrie (VDW). Interessant dabei: Insbesondere Verbraucher mit ausgeprägtem Umweltbewusstsein zeigten sich nicht überzeugt von Mehrwegkonzepten. Der IFH-Umfrage zufolge empfinden 91 Prozent Verpackungen aus Pappe oder Karton gegenüber Kunststoffverpackungen als natürlicher. 55 Prozent der Befragten würden Wellpappenverpackung bei einer Onlinebestellung bevorzugen und lediglich 22 Mehrweg. Auch der BEVH ist noch skeptisch gegenüber Mehrwegversandverpackungen.

Mehrweg für Verpackungen

„Die Idee der Mehrwegverpackung ist clever, aber nicht neu. Sie hat in der Vergangenheit nur mäßig funktioniert, weil die Verbraucher mitmachen und die Versandtaschen tatsächlich zurückschicken müssen“, so Frank Düssler, Public Relation Manager des BEVH. Es reiche auch nicht, nur die Versandverpackung zu entwickeln. Man muss auch eine Infrastruktur schaffen, damit die Pakete zurückgelangen. Da allerdings sowohl bei den Kunden als auch Händlern und Logistikern Nachhaltigkeit heute einen anderen Stellenwert habe, gäbe die Mehrweg-Idee neuen Auftrieb. „Die allerbeste Versandverpackung ist gar keine Versandverpackung. Der Königsweg wäre daher, wenn die Produktverpackungen zukünftig auch als Versandverpackungen dienen könnten. Einige Händler sind hierzu in Gesprächen mit Herstellern.“

Eine innovative Idee für Mehrwegverpackungen hatten die Berliner Michelle Reed und Philip Bondulich, die das Start-up SendMePack gegründet haben und in der TV-Sendung „Höhle der Löwen“ erfolgreich prominente Investoren wie Carsten Maschmeyer fanden. Die beiden Jungunternehmer haben ein Mehrwegsystem für bereits existierende Einwegkartons entwickelt, die sonst im Altpapier gelandet wären. Hintergrund: In Deutschland werden pro Jahr mehr als vier Milliarden Pakete versendet – und die allermeisten davon anschließend weggeworfen. Das Start-up arbeitet mit großen Logistikpartnern zusammen, um intakte Versandverpackungen zu recyceln, die sie anschließend unter der Marke SendMePack als eine Versandalternative für Unternehmen anbieten. Das Start-up greift im wörtlichen Sinne bei den Logistikern die Umverpackungen ab, die sonst in den Müll landen würden und bereitet sie auf. Von dort aus gehen sie zu Onlineshops und Versandhändlern.

Zu den Kunden zählen Outfittery, der 1. FC Nürnberg oder Avocado Store, erklärt Marketing-Managerin Lena Rink auf Anfrage. Das inzwischen zehnköpfige Unternehmen erklärt, dass es für die Kunden die Co2-Ersparnisse errechnet, die er mithilfe der alternativen Versandkartons erzielt. „Zu Beginn haben wir mit einem durchschnittlichen Wert von 260 Gramm CO2 gerechnet, den ein SendMePack einspart. Mittlerweile können wir diesen Wert aber viel genauer bestimmen, denn wir haben uns mit einem der führenden Wellpappenhersteller zusammengetan. Bei diesem Austausch bekamen wir auch die Bestätigung, dass das Gewicht eines Kartons in etwa der CO2-Emission entspricht, die bei der Herstellung entsteht. So können wir also mittlerweile viel genauer sagen, wie viel jeder Onlineshop durch den Umstieg von SendMePack an CO2 einspart“, sagt Rink.

Jeder der aufgearbeiteten Kartons des Start-ups erhält einen Aufkleber mit QR-Code und eigenem Namen. Durch den QR-Code können die Kunden sehen, in welchen Städten ihr Paket schon überall war und wieviel Kohlendioxid durch die Wiederverwendung eingespart werden konnte. Die Etikettierung läuft über die B2B-Labeldruckerei etikett.de, die HP-Drucktechnologie verwendet.

Es gibt auch andere Systeme: Im Pilotprojekt „Grüne Verpackung“ forscht die Österreichische Post an wiederverwendbaren und nachhaltigen Verpackungslösungen für den Paketversand. Die Drogeriekette dm, die Fachhochschule Oberösterreich und weitere Handelsunternehmen beteiligen sich an dem Pilotprojekt für wiederverwendbare und nachhaltige Versandverpackungen für den Online-Handel. Bis zu 100 Versandzyklen sollen die wiederverwendbaren Verpackungen „überleben“.

Das Start-up „wir.kiste.kreis“ einer der Start-up-Aussteller der FACHPACK , gefördert werden die Gemeinschaftsstände in Halle 5 vom  Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, hat ebenfalls das Ziel durch neue Mehrwegpaketsysteme zu mehr Nachhaltigkeit zu verhelfen. „Würden alle 4,51 Milliarden Sendungen mit unserer Kiste versendet und nur ein zweites mal wiederverwendet werden, könnte Deutschland jährlich 329.531 Tonnen CO2e (Kohlendioxid-Äquivalenten) einsparen. Das entspricht in etwa der Menge, die 14.200.000 Fichten in einem Jahr umwandeln“, erklären die Start-up-Unternehmer Rudolf Siegle und Bastian Gegenheimer. CO2e ist eine Maßeinheit, die den Effekt aller Treibhausgase aufs Klima vergleichbar machen will.

Nachhaltigkeit als Megatrend

Ob mit oder ohne Mehrwegsystem: Der Megatrend Nachhaltigkeit bleibt – auch beim Onlinehandel. Hersteller, Handel und Konsumenten erwarten eine gute Klimabilanz. Mittels Digitaldruck können Verpackung bereits während der Herstellung mit zum Beispiel QR-Codes bedruckt werden. Die effiziente Kennzeichnung ermöglicht genaue Steuerung der Logistik. Außerdem kann dadurch der Etikett-Aufkleber eingespart werden.

Personalisierung

Das Bedrucken des Versandkartons – oder der Sekundärverpackung – stehen beispielhaft für den Trend zu Personalisierung, der im E-Commerce seine Stärke zeigen kann. Wo Produktempfehlungen dank künstlicher Intelligenz auf den Käufer abgestimmt sind, muss es das Paket mit der Ware auch sein. Die Verpackung wird zum Unikat und wirkt auf die Kundschaft wie maßgeschneidert. Süßwarenhersteller haben zum Beispiel in ihren Onlineshops eine Vielzahl an personalisierten Verpackungen zur Auswahl. Der Onlinekunde kann zum Beispiel im Shop die individuelle Pralinenschachtel mit einem Foto oder Namen bedrucken und zusätzlich in Geschenkpapier einpacken lassen.

An der Verpackungslinie setzen Händler deswegen gern auf unbedruckte Rohlinge, die dann erst in der Linie bedruckt werden. Die erforderliche Flexibilität des Handels im E-Commerce überträgt sich somit auch auf die Hersteller von Verpackungsmaschinen und Druckereien. Durch besonders kurze Umrüstzeiten, modulare Maschinenkonzepte oder auch Robotik in der Fertigung ist die Industrie auf diesen Trend längst eingestellt.

von Anna Ntemiris

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