Verband der Wellpappenindustrie verlegt Sitz nach Berlin
In seiner Zwischenbilanz vermeldet der Verband der Wellpappenindustrie (VDW) einen sinkenden Absatz in der Branche. Die Energiekrise hat den Wellpappeherstellern erheblich zugesetzt.
Mächtig verschätzt hatte sich Dr. Oliver Wolfrum, Geschäftsführer des Verbands der Wellpappenindustrie (VDW), in seiner Jahresprognose für 2022, wie er am Donnerstag vor Fachjournalisten einräumte. Der Wellpappenabsatz sank im laufenden Jahr um 6,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Wolfrum hatte im Dezember 2021 ein Plus von 3,5 Prozent vorausgesagt. Doch dann kam der Krieg in der Ukraine und die damit verbundene Energiekrise. Drastische Preissteigerungen bei Rohstoffen haben der Wellpappenindustrie erheblich zugesetzt. Im Zeitraum von Januar bis August habe der arbeitstägliche Absatz der Verbandsmitglieder bei 32,759 Millionen Quadratmeter Wellpappe gelegen, was einem Minus von 5,1 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspreche.
Das vom VDW ermittelte durchschnittliche Preisniveau von Wellpappenrohpapier kletterte im zweiten Quartal 2022 um weitere 11,2 Prozent in die Höhe und sank danach bis Oktober geringfügig um 2,9 Prozent ab. Damit lag der durchschnittliche Preis für Wellpappenrohpapier noch immer um 80,1 Prozent höher als im September 2020, dem letzten Tiefpunkt der Preiskurve. Der Kostendruck habe sich also auf äußerst hohem Niveau fortgesetzt. „Das Weihnachtsgeschäft fällt für die Branche in diesem Jahr definitiv aus“, sagte Wolfrum.
In einer Pressemitteilung erklärte der VDW-Vorsitzende Dr. Steffen P. Würth: „Die Wellpappenindustrie konnte ihre vorhandenen Kapazitäten als leistungsstarke Unterstützerin der Lieferketten im bisherigen Jahresverlauf nicht voll ausspielen – obwohl ausreichend Verpackungsmaterial verfügbar gewesen wäre. Ein Klima der Unsicherheit, bedingt durch den nun schon Monate währenden Krieg Russlands gegen die Ukraine und die daraus resultierende Energiekrise, hat die Nachfrage generell sinken lassen. Zugleich blieb die Anpassung unseres eigenen Preisniveaus eine Herausforderung – denn unsere Branche konnte die massiven Kostensteigerungen bei ihrem wichtigsten Rohstoff Papier und bei der Energieversorgung nicht im erforderlichen Maße an die abnehmenden Industrien weitergeben.“
Stärkere Kooperation mit Verband der Papierindustrie
Der Verband vertritt 32 Wellpappenunternehmen mit etwa 100 Werken in Deutschland und nach eigenen Angaben damit rund 80 Prozent der deutschen Wellpappenproduktion. Am Donnerstag habe die Mitgliederversammlung beschlossen, dass der Sitz des Verbands im nächsten Jahr von Darmstadt nach Berlin verlegt werde, berichtete Wolfrum. Es sei wichtig, nah an der Politik zu sein und den Verantwortlichen deutlich zu machen, dass ambitionierte Ziele der Verpackungsverordnung nicht die deutsche Industrie schwächen dürften. Der VDW werde in Berlin unter einem Dach mit dem Verband „Die Papierindustrie“ sitzen. Da 65 Prozent der Papiere Packpapiere seien, habe man gemeinsame Interessen, die man in Berlin nun stärker zusammen vertreten werde. „Wir müssen mit einer Stimme sprechen“, so Wolfrum.
Minus-Prognose mit Hoffnungsschimmer im 4. Quartal
In seiner Prognose für das nächste Jahr rechnet Wolfrum mit einem Aufwärtstrend, der aber erst im vierten Quartal zu erwarten sei, dann sei zu hoffen, dass Gas- und Strompreisbremse wirken und Tarifabschlüsse erzielt worden sein. Im ersten Quartal werde der Absatz aber noch bei Minus 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr liegen. „Für das Gesamtjahr 2023 erwartet der Experte ein Minus von 3,8 Prozent. Aber man wisse spätestens seit den weltpolitischen Entwicklungen in diesem Jahr, „dass wir vieles nicht wissen.“
von Anna Ntemiris