Regionalität: Gezielte Kundenansprache auf Verpackungen

Umweltschutz und Qualität, insbesondere aber die Unterstützung der regionalen Wirtschaft sind Gründe, warum Verbraucher zu regionalen Produkten greifen. Doch wo regional draufsteht, ist nicht immer auch regional drin. Eindeutige Verpackungen können Abhilfe schaffen.

Regionalität spielt bei Lebensmitteln eine große Rolle, steht sie doch für Tradition, sichere Herkunft und Qualität. Der Kauf regionaler Lebensmittel erzeugt ein gutes Gefühl – schließlich unterstützt man damit die Betriebe in der Nachbarschaft, die CO2-Emissionen sind geringer, man vertraut der Herkunft und der Frische.

Zahlreiche Studien und Umfragen der letzten Jahre belegen, dass die Herkunft der Lebensmittel für viele Verbraucher einen kaufentscheidenden Faktor darstellt – laut Ernährungsreport des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft beispielsweise legen 78 Prozent von ihnen Wert darauf, dass ihre Lebensmittel aus der Region stammen. Und laut Konsumbarometer 2019 von Consors Finanz schätzen 92 Prozent der Deutschen und sogar 93 Prozent der Österreicher regionale Erzeugnisse sehr – aus Qualitäts- und Umweltgründen. Anja Wenk, Leiterin des Bereichs Retail Financial Solutions von Consors Finanz, sieht hier eine Veränderung der Grundeinstellung: „Immer mehr Verbraucher scheinen offenbar ihr Kaufverhalten zu hinterfragen und erkennen, dass Qualität und verantwortungsvoller Konsum nicht zu Billigpreisen zu haben sind.“

Was bedeutet regional?

Angesichts der Klimadebatte dürfte die Nachfrage nach mehr Regionalität wohl noch weiter steigen – und im Hinblick auf die aktuelle Corona-Krise erst recht. Nicht wenigen Verbrauchern wird erst jetzt klar, woher all die Lebensmittel, die selbstverständlich im Supermarkt liegen, überhaupt stammen. Doch oft wird es ihnen auch nicht leicht gemacht. So herrscht etwa nach wie vor Unklarheit darüber, was „regional“ überhaupt bedeutet, schließlich sind Verpackungsangaben wie „aus der Region“, „frisch von hier“ oder ähnliche in keiner Weise aussagekräftig oder gar gesetzlich definiert – das Produkt könnte fast von überallher stammen. Erst, wenn weitere Informationen auf der Verpackung hinzukommen, beispielsweise in Form von Siegeln oder eindeutigen Herstellerangaben, können Kunden der Bezeichnung „regional“ vertrauen.

Bei Eiern ist dies dank Eierstempel am einfachsten nachzuvollziehen, wenn man den Code für sein Bundesland kennt. Bei Obst, Gemüse, Rindfleisch und Fisch muss das Herkunftsland genannt werden – aber für wirkliche Regionalität steht die Herkunft „Deutschland“ noch lange nicht. Wer mit Regionalität wirbt, sollte dann auch den Herkunftsort oder zumindest eine Bezeichnung wie „aus Rheinhessen“ oder „aus dem Weserbergland“ auf der Verpackung kommunizieren, nicht zuletzt, um die eigene Glaubwürdigkeit zu erhöhen.

Eine weitere Möglichkeit der Verpackungskennzeichnung ist das bundesweite „Regionalfenster“, mit dem regionale Erzeugnisse auf freiwilliger Basis versehen werden können. Es gibt Auskunft über die Herkunftsregion, den Verarbeitungsort, den Anteil an regionalen Zutaten und die jeweilige Kontrollstelle. Findet man ein solches Produkt vor Ort, heißt das aber noch nicht, dass es auch wirklich regional ist, da es deutschlandweit vermarktet werden darf oder beispielsweise auch nur gut zur Hälfte aus regionalen Zutaten bestehen muss – der Kunde muss das Label nicht nur sehen, sondern auch wirklich lesen.

Weitere Siegel werden von Regionalinitiativen verliehen, die ihre Produkte gemeinsam vermarkten. Hier hat aber jedes Siegel seine eigenen Kriterien, und allein ihre große Anzahl erschwert es dem Verbraucher, sich zurechtzufinden. Basiskriterien, die für alle Regionalsiegel gelten, sind aber bereits in Planung.

Mit authentischen Verpackungen Vertrauen schaffen

Beim Vermarkten regionaler Erzeugnisse ist es von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit, sich bestehende Verpackungen noch einmal genau anzuschauen und hinsichtlich des Regionalitätsanspruchs zu optimieren – und bei Neuentwicklungen gleich einige Dinge zu berücksichtigen. Etwaige Siegel dürfen nicht in der Masse untergehen, Herkunftsort oder -region sollten klar kommuniziert werden. Warum Konsumenten zu regionalen Produkten greifen, hat der zur Boston Consulting Group gehörende Einkaufsspezialist Inverto erfragt – und auch diese Ergebnisse können in die Verpackungsgestaltung einfließen, indem weitere Informationen etwa zu besonders kurzen Wegen, zum Landwirt, von dem die Rohstoffe stammen, oder zu nachhaltigen Initiativen des Unternehmens gegeben werden. Inverto selbst empfiehlt, unter anderem, für regionale Produkte auch ein authentisches Äußeres zu wählen; so solle am besten durch den lokalen Lieferanten eine individuelle Verpackung und Kennzeichnung erfolgen.

Regionalität ist ein Trend, der sich auch dadurch auszeichnet, dass er unter anderem den Wochenmärkten wieder mehr Zulauf verschafft. Hier fallen Verpackungen in den meisten Fällen weg. Doch den größten Umsatz generieren regionale Lebensmittel ohnehin im LEH. Hier sind die „Verpackungen“ die Marktfrauen und -männer, von denen die Kunden Informationen erwarten und denen sie vertrauen wollen. Und hier liegt auch die Chance: Je regionaler man wirklich ist, desto stärker sollte man das auch kommunizieren – durch entsprechende Informationen auf der Verpackung, aber auch am POS.

Eine Analyse des Marktforschers YouGov zum Thema Regionalität bei Lebensmitteln spricht ebenfalls dafür: „Besonders für Produkte wie Obst und Gemüse lohnt sich für Supermärkte und Discounter eine Ansprache jener, die bevorzugt regionale Lebensmittel kaufen, da diese Zielgruppe besonders in dieser Produktkategorie ein hohes monatliches Ausgabevolumen aufweist“, sagt Daniela Loeck, Senior Consultant bei YouGov, in Bezug auf Werbeanzeigen für regionale Lebensmittel. Und sie gibt noch einen wichtigen Hinweis: „Die Hersteller sollten jedoch im Blick haben, dass diese Zielgruppe ihre Lebensmittel besonders gerne in lokalen Fachgeschäften wie beim Bäcker, Metzger oder Gemüsehändler sowie auf dem Markt kauft. Daher ist eine gezielte Ansprache besonders wichtig.“

Diese Empfehlung dürfte nicht nur für Anzeigen und andere Werbemaßnahmen gelten, sondern auch für die Kommunikation auf der Verpackung – idealerweise in enger Abstimmung mit dem Händler vor Ort. Vorsicht aber bei vorgetäuschter Regionalität: Wird ein Produkt als regional verlauft, muss es das auch sein. Ansonsten verlieren die Kunden das, was in Zeiten wie diesen kaum mit Gold aufzuwiegen ist: Vertrauen.

 

 

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