„Auch wenn sich der Mythos hält: Zeit der simplen Holzkisten ist vorbei“

Wie vielfältig der Beruf des Verpackers ist, beschreibt Marcus Kirschner, Geschäftsführer beim Bundesverband Holzpackmittel, Paletten, Exportverpackung (HPE), im Interview.

Wie hat sich der Beruf des Verpackers entwickelt?

Der Austausch von Gütern macht einen angemessenen Schutz dieser Waren vor den vielfältigen Belastungen im Verlauf der Logistikkette notwendig. Produkte müssen unversehrt zum Einsatz bereitgestellt werden. An diesem Prinzip hat sich seit Jahrhunderten nichts geändert. Allerdings haben sich die Anforderungen an die Verpackung ebenso weiterentwickelt wie die zu transportierenden Produkte. Letztere werden immer sensibler, hochtechnologisierter, empfindlicher und weltweit in verschiedene Klimazonen über verschiedene und oft kombinierte Transportwege mit verschiedenen Transportmitteln versendet. Der Verpacker muss bei all diesen Anforderungen wissen, was tun ist. Die Komplexität ist gestiegen – damit auch die vielfältigen Möglichkeiten zur Fertigung für belastungs- und beanspruchungsgerechte Verpackungen. Auch wenn sich der Mythos immer noch hält, so ist die Zeit der simplen Holzkisten längst vorbei. Holzverpackungskisten bestehen nicht nur aus optimierten Holz und Holzwerkstoffen und damit aus einem nachwachsenden Rohstoff. Vielmehr noch sind sie das Ergebnis ineinandergreifender komplexer Arbeitsschritte von der Kundenanfrage über CAD-Konstruktionen und statische Berechnungen, die dann vom Verpacker in der Montage CNC-gefertigter Bauteile münden. Dabei sind dem Verpacker heutzutage Themen wie Konservierung und Korrosionsschutz ebenso wenig Fremdwörter wie Lastannahmen für unterschiedliche Verkehrsträger, Stapelstauchdruck, Klimaverpackung, VCI-Methode, ISPM 15, Schlitten, Containerstau, Stoßindikatoren oder Datenlogger, um nur wenige zu nennen. Die Konstruktion erfolgt individuell nach Kundenwunsch, selten gleicht ein Auftrag dem anderen. Das bringt vor allem Erfahrung und Wissen – auch über die zu verpackenden Produkte und Einblicke, die man sonst normalerweise nicht hat – vom Erlkönig über 3D-gedruckte Bauteile bis hin zu ganzen Fabrikanlagen. Je nach Erfahrung, Aus- und Weiterbildung werden Verpacker auch in der Arbeitsvorbereitung, Kundenmanagement, Personalführung etc. eingesetzt. Aufstiegsmöglichkeiten sind viele gegeben. Diese Vielfältigkeit ist das Spannende am Beruf des Verpackers.

Wie wird ausgebildet?

In Zukunft führt kein Weg an einer gewerblichen Erstausbildung zum Holzmechaniker vorbei. Diese muss gestärkt werden. Besonders geeignet ist hier die Ausbildung zum Holzmechaniker der Fachrichtung Herstellen von Bauelementen, Holzpackmitteln und Rahmen an. Dazu bereiten sie Hölzer und Holzwerkstoffe vor, verarbeiten Furniere und Verbundpaletten, aber auch Kunststoffe mit computergesteuerten Maschinen und Anlagen und behandeln bzw. bekleben die Oberflächen. Die Einzelteile fügen sie zum Beispiel mit Nägeln, Klammern, Schrauben, Dübeln oder Leim zusammen und bringen Federn, Dübel, Zapfen, Beschläge und Scharniere an. Sie prüfen die Bauelemente auf Funktionsfähigkeit und verpacken und lagern die Produkte fachgerecht. Fachliches Können wird hier auch übergreifend vermittelt, so dass Azubis und Unternehmen hier von weiteren Fertigkeiten abseits des reinen Verpackers profitieren. Durch die vielfach anzutreffende vertikale Integration in den Betrieben ist auch eine Ausbildung zum Holzbearbeitungsmechaniker gerne gesehen. Diese stellen mithilfe von Maschinen und Anlagen, die sie bedienen und instandhalten, Schnittholz, Hobelware, Bretter und Furnier- und Spanplatten sowie andere Holzwerkstoffe her. Sie planen und koordinieren die nötigen Arbeitsschritte, wählen die erforderlichen Werkstoffe aus und steuern, überwachen und optimieren die Fertigungsprozesse. Abschließend prüfen sie, ob das Holz fehlerfrei bearbeitet und die betrieblichen sowie gesetzlichen Qualitätsstandards eingehalten wurden. Darüber hinaus bereiten sie die fertigen Produkte für die Lagerung oder den Versand vor. Durch die zunehmende Automation wird für Maschinen- und Anlagenführer eine entsprechende ergänzende Zusatzqualifikation immer wichtiger. Maschinen- und Anlagenführer bereiten Arbeitsabläufe vor, überprüfen Maschinenfunktionen an Prüfständen und nehmen Maschinen in Betrieb. Sie überwachen den Produktionsprozess und steuern bzw. überwachen den Materialfluss. Zudem inspizieren oder warten sie Maschinen in regelmäßigen Abständen, um deren Betriebsbereitschaft sicherzustellen, und übernehmen Wartungs- und Reparaturarbeiten.

Ist ein Quereinstieg möglich?

Wer nicht direkt aus dem Holzfach und/oder dem Verpackungsbereich kommt, kann weiterqualifiziert werden. Lebenslanges Lernen ist ein gern benutztes Stichwort in der modernen Unternehmensführung. Dies betrifft keineswegs nur herausgehobene und hochqualifizierte Tätigkeiten, sondern das gesamte Spektrum. Auf der Ebene der Fachkräfte lässt sich durch eine regelmäßige Weiterbildung der praktische Wissensstand entsprechend anpassen. Dies kann über externe Schulungen – etwa bei qualifizierten Bildungs- oder Technologiepartnern – erfolgen oder aber im Rahmen einer Inhouseschulung durchgeführt werden. Neben rein technischen Schulungsinhalten wird in der HPE-Branche insbesondere auf die Vermittlung der eigenen Qualitätsstandards und Richtlinien (Verpackungs-/Palettenrichtlinie) geachtet. Darüber hinaus benötigt auch der Umgang mit den Branchensoftwarepaketen PALLET-Express und zukünftig CASE-Express eine entsprechende Unterweisung und regelmäßige Schulungen.

Wo kann man das lernen?

Die Holzfachschule Bad Wildungen bietet seit 1976 in Zusammenarbeit mit dem HPE Verpackerlehrgänge exklusiv für seine Mitgliedsfirmen an. Die HPE-Verpackungsrichtlinien „HPE Certified Custom Packaging“ – also das Verpacken nach HPE-Standard – und der Containerstau bilden die beiden Eckpfeiler des Basislehrgangs. Den an diesem Lehrgang teilnehmenden Verpackern sollen die notwendigen fachtechnischen und fachpraktischen Kenntnisse und Fertigkeiten für das Verpacken von Industriegütern aller Art für den weltweiten Versand vermittelt werden. Insbesondere sollen sie die vielfältigen Anforderungen an Transport, Umschlag und Lagerung von Packstücken und damit an die Verpackung, aber auch die Eigenschaften der verwendeten Hölzer und Holzwerkstoffe, die Möglichkeiten des Korrosionsschutzes, die Markierungsanforderungen sowie die sicherheitstechnischen Vorgaben kennen lernen. Praktische Übungen zum Bau von Holzverpackungen und zum Containerstau dienen der Umsetzung und Vertiefung der in der Theorie vermittelten Kenntnisse und runden das Programm ab. Hierzu konnten qualifizierte Praktiker aus der Industrie gewonnen werden, die die Fachlehrer der Holzfachschule unterstützen. Der Lehrgang richtet sich an die Verpacker in den Mitgliedsbetrieben, die sach- und fachgerecht verpacken, sichern und stauen und die gegebenenfalls „vor Ort“ Verantwortung übernehmen und Entscheidungen treffen sollen. Ein weiterer Vertiefungslehrgang schließt sich dem Basislehrgang an. Die Inhalte werden kontinuierlich aktualisiert und spiegeln sowohl neue Erkenntnisse als auch Lösungen zu neuen Anforderungen wider. Das duale Ausbildungsprinzip – Theorie und Praxis – ist dabei der Schlüssel zum Erfolg.

 

Marcus Kirschner ist HPE-Geschäftsführer. Ers pricht im Interview mit Packaging über die BrancheMarcus Kirschner ist Geschäftsführer des Bundesverbands Holzpackmittel, Paletten, Exportverpackung (HPE) e.V. Der HPE, der 2019 sein 150-jähriges Bestehen feiert, ist ein Fachverband mit mehr als 420 überwiegend inhabergeführten Unternehmen aus allen Bereichen der Holzpackmittelindustrie, die etwa 80 Prozent des Branchenumsatzes von rund 2,3 Milliarden Euro repräsentieren. Die Mitglieder des HPE sind Anbieter von Paletten, Packmitteln, Kabeltrommeln, Steigen und Spankörben aus Holz sowie Dienstleister aus den Bereichen Verpacken, Containerstau und Logistik. Der hochgerechnete Holzbedarf der Branche liegt – inklusive der Kleinbetriebe unter 20 Mitarbeitern – bei rund 6 Millionen Kubikmetern.
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