Mittagspause ohne Wegwerf-Verpackungen

Unternehmen reduzieren in Kantinen und Kaffeeküchen ihre Einweg-Behältnisse oder ersetzen diese durch plastikfreie Verpackungen. Immer mehr Betreiber von Betriebsrestaurants stellen ihr Verpackungs- und Geschirrsortiment um. 

Wenn mittags „Mahlzeit“ gerufen wird, dann geht’s in die Kantine: Viele Unternehmen stellen ihren Mitarbeitern gastronomische Angebote zur Verfügung. Doch nicht jeder, der die Mahlzeit dort kauft, isst sie dort auch. Mal geht es mit dem Kaffee an die frische Luft, mal wird der Salat im Büro vertilgt. Oft entsteht dabei Verpackungsmüll, meist aus Kunststoff. Doch das soll sich ändern: Immer mehr Unternehmen verzichten in ihren Kantinen und Küchen auf Einweg-Behältnisse. So verbannt der Telekommunikationskonzern Vodafone nach eigenen Angaben 38 Kunststoff-Wegwerfprodukte wie Trinkbecher, Deckel, Rührstäbchen, Menüschalen oder Strohhalme oder ersetzt sie durch plastikfreie Alternativen, die natürliche Rohstoffe wie Pappe, Bambus und Holz enthalten. Aber auch neue, smarte Materialien aus Mais oder Zuckerrohr, die kompostier- und vollständig abbaubar seien, sind die Zutaten für die Menü-Verpackung. Man werde im Jahr dadurch etwa 15 Tonnen weniger Plastikmüll verursachen als zuvor, so Vodafone.

Zudem will Vodafone seine Mitarbeiter für das Thema sensibilisieren: Da helfen einfache Fragen: Warum greife ich zur Plastikflasche, obwohl es Gläser gibt? Muss es der Plastikbecher sein, obwohl eine Mehrwegtasse im Regal steht? „Niemand wird kritisiert – es geht ums Bewusstmachen, wie der tägliche Kunststoffverbrauch verringert werden kann“, heißt es in der Unternehmensrichtlinie. Und es geht um kleine Anreize: Wird zum Beispiel für den Kaffee 15-mal die eigene Mehrwegtasse mitgebracht, gibt es das nächste Heißgetränk gratis. Vodafone-CEO Hannes Ametsreiter erklärt: „Es sind die kleinen Dinge, die Großes bewegen. Einen Kaffee zum Mitnehmen haben wir in vier Sekunden umgerührt, in vier Minuten getrunken – aber ganze 400 Jahre braucht die Natur, um ihn abzubauen. Es ist höchste Zeit, dass wir umdenken und unsere Gewohnheiten hinterfragen.“ Auch die Unternehmen Siemens, Dr. Oetker, Sky und die Allianz teilten mit, in den Kantinen den Einsatz von Wegwerf-Produkten in den vergangenen Jahren stark eingeschränkt zu haben. Sky will zum Beispiel bis 2020 das gesamte Einweg-Plastik aus seinen Betrieben entfernen.

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Die DB Gastronomie GmbH bietet ihren Gästen in den rund 100 Casinos – die auch externe nutzen können –  weiterhin an, fast alle Speisen in Verpackungen mitzunehmen. „Viele Gäste schätzen diesen Service, sehen aber auch den dadurch entstehenden Plastikmüll. Das Umweltbewusstsein unserer Gäste nimmt zu und dem möchten wir gerecht werden“, erklärt das Unternehmen. Deshalb gibt es seit fast zwei Jahren das To-Go-Geschirr aus 100 Prozent nachwachsenden Rohstoffen. Die Zellulosefasern der Kaffee- und Dessertbecher entstehen beispielsweise aus Holz, das aus nachhaltiger Forstwirtschaft gewonnen wird. Die Menü- und Salatschalen bestehen aus Zuckerrohrfasern, die durch die Zuckerextraktion bei der Gewinnung von Rohrzucker entstehen. Die besonders zähen Fasern wurden bisher verbrannt. Aus den Resten eines einzigen Zuckerrohrhalms können bis zu 50 Einwegteller produziert werden, erklärt die DB Gastronomie.

Die Unternehmen kommen dem EU-Verbot zuvor, das voraussichtlich 2021 in Kraft treten wird und bestimmtes Einweg-Plastikgeschirr aus dem Handel und der Gastronomie verbannt. Auch für die Unternehmen aus der Systemgastronomie, also diejenigen, die Kantinen und Kaffeebars in Firmen, Hochschulen oder Krankenhäusern betreiben, sind der Trend zur Nachhaltigkeit und die EU-Richtlinie ein aktuelles Thema.

Gäste wollen Mahlzeit verpackt mitnehmen

Die Compass-Group, Marktführer für Catering und Food Services in Deutschland, ist durch den Mutter-Konzern in England explizit zur Reduzierung von Kunststoffverpackungen aufgerufen worden. Auch die Kundschaft verlange nach plastikfreien Alternativen, erklärt Pia Bonke vom Health, Environment, Safety, Quality“ (HSEQ)-Management. Aus der Betriebsgastronomie könne man Kunststoff allerdings schneller und einfacher verbannen als aus Großküchen und Cafés von Schulen, Seniorenheimen oder Krankenhäusern, die zu den rund 600 Food-Betrieben des Konzerns zählen. „Es gibt bestimmte Gäste, die auf einen Strohhalm oder eine verpackte Einzelportion angewiesen sind. Wir stehen vor der Entscheidung, welche Einwegverpackungen wir auslisten und welche, wenn auch wenige, Gäste benötigen “, sagt Bonke. Es gibt Pilotprojekte, die bisher erfolgreich laufen: Einige Gastronomiebetriebe der Tochtergesellschaft Eurest haben Einwegbecher komplett durch Mehrwegbehälter mit Pfandsystem ersetzt. Der To-Go-Becher gehört dort der Vergangenheit an. Und Sandwiches zum Mitnehmen werden beispielsweise mit Banderolen aus recyceltem Papier angeboten. „Bei einem Großkunden stellen wir fest, dass ein Umstieg von Portionsware auf Buffetbars wie Müslistationen und Glasschalen für Konfitüre zum Beispiel in fast allen Häusern möglich ist, um Müll zu reduzieren“, so Bonke weiter. In der Firmenkantine von Unitymedia, die Eurest betreibt, seien alle To-Go-Schalen und -Becher aus Bio-Pappe oder gepresstem Zuckerrohr. „Wir bieten in der Kantine zu 80 Prozent Mehrweg-Glasflaschen an. Im Café zu 100 Prozent“, berichtet Betriebsmanager Sebastian Witte.  Man plane, ein Leihbox für warmes Essen und für Salate zum Mitnehmen, anzubieten. Solche Beispiele gibt es immer mehr, sagt Bonke.

„Wir sind dabei, das Verpackungssortiment um Verpackungsmaterialien aus Maisstärke, Milchstärke und Zuckerrohr zu ergänzen. Fakt ist, dass viele Kunden zum Beispiel für den Feierabend eine Mahlzeit mitnehmen möchten“, fasst Bonke zusammen. Nachhaltiges Geschirr sei ein Schritt in die richtige Richtung, aber langfristig müsse man auch das Abfallwirtschaftssystem stärker in diese Richtung entwickeln. „Wenn die nachhaltigeren Becher, die den Konsumenten auch mehr kosten, am Ende doch in der Verbrennungsanlage landen und Kohlendioxid ausscheiden, macht dies für mich keinen Sinn“, sagt Bonke. „Wir arbeiten an einer guten Lösung, um weniger Plastik einzusetzen und die hohen Standards im Service und in der Hygiene einzuhalten.“

Hygiene ist ein Grund für Kunststoffverpackung

Ähnlich äußert sich auch Apetito AG. „Wir möchten unter anderem Abfälle und auch den Einsatz wertvoller Ressourcen so weit wie möglich minimieren. Darum sind wir auch immer bestrebt, nur das absolut Nötige an Verpackungsmaterial einzusetzen“, erklärt Verena Koordt von der Unternehmenskommunikation der Apetito AG. Ein Beispiel hierfür sei das MultiPlus-System, das individuelle Menüzusammenstellungen ermöglicht. „Dahinter steckt das System, dass Menükomponenten zu Blöckchen tiefgefroren und mit möglichst wenig Verpackung zu unseren Kunden geliefert werden. Da jedes Blöckchen eine Einzelportion ist, können unsere Kunden portionsgenau planen und vermeiden so Essensreste“, sagt Verena Koordt.

Aus hygienischen Gründen könne Apetito allerdings derzeit nicht bei allen Produkten auf eine Kunststoffverpackung verzichten. Außerdem geht es um die Funktionalität: Die von Apetito verwendeten Menüschalen bestehen aus CPET, einem Polyester. „Dieser Kunststoff zeichnet sich durch eine besondere Wärmebeständigkeit und chemische Widerstandsfähigkeit aus und bedarf keines Zusatzes von Weichmachern.“ Der Verwendungsbereich bis circa 220 Grad Celsius mache die Schalen einsatzfähig für alle gängigen Zubereitungssysteme für tiefgekühlte Gerichte. „Wir arbeiten weiter daran, den Kunststoffanteil in unseren Verpackungen noch weiter zu senken oder sogar ganz zu ersetzen. So beschäftigt sich eine Projektgruppe damit, eine Alternative zur Kunststoffmenüschale zu entwickeln. Bis optimale Lösungen gefunden werden können, bedarf es aber mehrjähriger Entwicklungsarbeit. Denn bei allem hat die Sicherheit und Qualität unserer Produkte für uns oberste Priorität“, so Koordt.

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