„Plastik rettet Zukunft“
Neue technologische Entwicklungen in der Kunststoffindustrie ermöglichen nachhaltigere Verpackungen, so der Tenor eines FACHPACK-Forums in der TECHBOX am Dienstag. Experten aus mehreren Branchen stellten Fallbeispiele vor.
Wann ist eine Verpackung recyclingfähig – und wann nicht? Antworten darauf gibt der Mindeststandard zur Bemessung der Recyclingfähigkeit von Verpackungen (§ 21, Absatz 3, Verpackungsgesetz), der jährlich aktualisiert wird. Vor drei Jahren galt die PET-Schale noch als nicht recyclingfähig. Der Gesetzgeber ist aber inzwischen von den technischen Möglichkeiten des Recyclings überzeugt worden. Der so genannte Einzelnachweis macht es möglich, erklärte Till Isensee, Verpackungsingenieur und Inhaber der Unternehmensberatung Tilisco auf dem Forum TECHBOX am ersten Tag der FACHPACK. „Das ist unsere Hoffnung, das die technischen Möglichkeiten aufgezeigt werden“, sagte Isensee. „Denn der Mindeststandard beschreibt nicht die technische Recyclingfähigkeit, sondern die derzeitige kommerzielle Recyclingfähigkeit.“
Kunststofffreie Trennstoffe
Unter dem Titel „Nachhaltigkeit und kein Ende: Development4Recycling 2.0“ und moderiert von Sonja Bähr stellte die Agentur Tilisco „Best Cases“ vor. So präsentierte Sina Schulz, Leiterin Beschaffung von Bell Deutschland, nachhaltige Verpackungskonzepte für Fleischwaren. Das Unternehmen wurde 2022 dafür mit einem WorldStar Award der World Packaging Organization ausgezeichnet. Vor 15 Jahren habe die Bell Group die erste faltbare Verpackung für Schinken auf den Markt gebracht, später als eines der ersten Unternehmen eine wiederverwertbare, so Schulz. Das aktuelle Leuchtturmprojekt sei ein Trennstoff aus Bio-Öl. Dank des innovativen Trennstoffes könne auf die marktübliche Trennfolie (Interleaver) zwischen den einzelnen Schinkenscheiben verzichtet und damit der Kunststoffverbrauch beim Verpacken reduziert werden.
Schulmilch-Projekt in Österreich
Unter dem Motto „Plastik rettet Zukunft“ wirbt das Unternehmen Viscotec der österreichischen Starlinger Gruppe für seine Verpackungen für Milchprodukte. In einem Gemeinschaftsprojekt mit österreichischen Schulmilchproduzenten und den oberösterreichischen Unternehmen PET-MAN und Greiner Packaging hat Starlinger viscotec für das Land Oberösterreich nachhaltige Becher aus 100 Prozent recyceltem PET (rPET) zur Befüllung mit Schulmilch hergestellt und dafür ebenfalls einen WorldStar Award 2022 erhalten. Das Besondere dabei sei, dass die Becher unbedruckt sind, und wenn nach dem Verzehr der Milchgetränke der Verschluss abgetrennt und wieder in die Schulsammelstelle zurückgebracht werde, könnten daraus neue Milchbecher produziert werden. Gebrauchte Schulmilchbecher werden geschreddert, gewaschen, recycelt und aus dem Material werden neue rPET-Becher hergestellt.
Revolution mithilfe Künstlicher Intelligenz
Einen Blick in die Zukunft warf Nathanael Laier, Mitgründer des Würzburger Start-up-Unternehmens WeSort.AI, das ein System für die Sortierung von Abfall entwickelt hat. „Wir revolutionieren Recycling durch Künstliche Intelligenz“, verspricht das Start-up, das vom Bundeswissenschaftsministerium einen Gründerpreis erhalten hat. Basierend auf Künstlicher Intelligenz (KI) steuert ein Machine-Learning-Algorithmus in einer mit Luftdruckdüsen bestückten Trennkammer die Düsen, um den Abfall in den korrekten Stoffkanal abzublasen. Die Kontrollkameras in den Stoffkanälen senden zur selbstlernenden Optimierung des Algorithmus ein Feedbacksignal, ob der Müll im richtigen Kanal gelandet ist.
Laier nannte als Beispiel die Abfallsortierung einer WC-Ente. Ein übliches Sortiersystem erkenne die Verpackung fälschlicherweise als PET-Flasche, doch handele es sich dabei um eine HDPE-Verpackung. KI könne lernen, neue Objekte zu erkennen, Verpackungsinhalte und Störstoffe zu analysieren. Als nächsten Schritt wolle das Start-up eine KI-Sortiermaschine entwickeln, um Müll genauer zu trennen. Am Ende werde dies eine günstigere Technik sein – ohne händisches Nachsortieren.
von Anna Ntemiris