„Die Kunden stehen stolz mit ihren Dosen in der Schlange“

Alternativen zu Einweggeschirr und vermeidbaren Plastikverpackungen sind derzeit in aller Munde. Auch einige Fleischereien wie die Metzgerei Picard in Obertshausen versuchen, ihren Teil zum Umweltschutz beizutragen und verzichten weitgehend auf Folien und Tütchen. Picard nutzt ein Pfandsystem für Mehrwegdosen.

Im April dieses Jahres führte Jürgen Picard in seinem Fachgeschäft ein neues Mehrwegsystem ein. Schon vorher konnten Kunden der Metzgerei ihre eigenen Dosen mitbringen und befüllen lassen. Dabei stellten sie das Gefäß geöffnet auf ein Tablett, die Fachverkäuferin befüllte die Box mit der gewünschten Ware und reichte alles zurück an den Kunden, der die Dose selbst verschloss. So war gewährleistet, dass die Mitarbeiter hinter der Theke nicht mit fremdem Geschirr in Berührung kommen.

Das Handling ist heute das gleiche, nur dass der Kunde jetzt auch eine Pfanddose nutzen kann. Hierfür nutzt die Metzgerei Picard das System des Unternehmens Meisterbote aus Weiterstadt. Gegen eine Pfandgebühr erhalten Kunden eine frisch gespülte Box, die sie immer wieder verwenden können. Die Metzgerei bestellte für den Start des Systems 600 Dosen in verschiedenen Größen: im 1,4-Liter-Format sowie als 2-, 3- und 4-Liter-Boxen. Die 3-Liter-Version enthält zusätzlich drei Fächer, die einzeln herausnehmbar sind. „Die 1,4-Liter-Dose ist am beliebtesten, da sie bequem in jeden Kühlschrank passt“, erläutert Picard.

Umweltschutz liegt dem Inhaber generell am Herzen. Schon vor Jahren tauschte er die Plastiktüten im Verkauf gegen Mehrwegtaschen. Jürgen Picard, der die Fleischerei gemeinsam mit seinem Bruder Andreas führt, ersetzt Plastik, wo es nur geht. „Den Kunden Mehrwegdosen anzubieten, ist ein riesiger Imagegewinn“, verweist er auf einen weiteren Vorteil eines solchen Systems. „Die Kunden stehen stolz mit ihren Dosen in der Schlange. Das sehen auch andere und ordern ihre Waren in der Mehrwegbox.“

Diese Erfahrung macht auch die Fleischerei Martin aus Trier: „Die Leute haben nur darauf gewartet, etwas für die Umwelt zu tun“, freut sich Inhaber Kai Leonhard. „Wir haben Boxen, die sogar zehn Liter fassen.“ Der Betrieb nutzt die Gefäße auch bei der Belieferung von Restaurants und Kliniken. Das Logo der jeweiligen Metzgerei ist gut sichtbar auf den Rand der Dose gedruckt. So dienen die Gefäße zusätzlich als Werbemittel, beispielsweise wenn Kunden sie mit zu einer Grillparty nehmen.

Um die Waren länger frisch zu halten, bietet die Metzgerei Picard zusätzlich spezielle Vakuumpumpen für die Dosen an. Diese kosten den Kunden noch mal zwölf Euro extra, aber sie können ja auch andere Lebensmittel in der Box frischhalten. Verschiebbare Regler im Deckel geben das Datum an, an dem die Box befüllt wurde. Das erleichtert Kunden mit mehreren Boxen die Einschätzung der Haltbarkeit. Die herausnehmbaren Fächer der 3-Liter-Dose nutzt Picard für Mittagsgerichte. So kann zum Beispiel Fleisch von Salaten und anderen Beilagen getrennt werden. „Leider sind diese Boxen dann schwieriger zu transportieren, da die Soßen in andere Fächer überschwappen“, ist die Erfahrung des Metzgers. Für manche Produkte der Fleischerei sind die Boxen nicht ideal. „Bei Frischkäse kämen der Spatel, den wir zum Befüllen nutzen, und die Hand der Fachverkäuferin mit der Dose in Kontakt“, so Picard, und das ist hygienisch nicht gewollt. „Hier tauschen wir also die Box gegen eine neue oder streichen den Frischkäse auf ein Papier und legen dieses in die Dose.“

ANZEIGE

Die FachPack zeigt Ihnen Lösungen, zum Thema Nachhaltigkeit. Immer entlang der Prozesskette Verpackung und mit allem, was dazugehört. Vom Material über Funktion und Design bis hin zu Logistik und Tracking. Mehr Informationen finden Sie hier.

Eine andere Schwierigkeit sieht der Metzgermeister in der Bedienung. „Normalerweise können sich die Fachverkäuferinnen die Waagen teilen“, erläutert Picard. Mit den Mehrwegdosen besetze jeder Kunde eine Waage, da alle Produkte zusammen in der Box gewogen werden müssen. Im Einkauf kostet eine Dose 19 Euro. Als Pfand veranschlagt Picard für die kleinen Exemplare zehn, für die großen 15 Euro. „Ich erwirtschafte keinen Gewinn mit den Mehrwegdosen. Was ich hier tue, ist mit Bauchgefühl und Emotionen verbunden“, so der Metzgermeister. Besonders Jüngere und Stammkunden teilen Picards Pflichtbewusstsein zum Umweltschutz beizutragen und nutzen das Mehrwegsystem. Bei der Wahl der passenden Boxen setzte er auf Qualität: „Wenn man als Fachgeschäft so etwas anbietet, dann muss es auch hochwertig sein“, weiß Picard. Die Behälter bestehen aus recycelbarem Kunststoff mit einer glatten Oberfläche. „Bisher sind noch keine Gebrauchsspuren zu sehen“, stellt Picard fest. Falls doch irgendwann einige Gefäße verschlissen sind, kann er sie kostenlos an den Anbieter zurückgeben und erhält dafür neue Eco-Boxen. „Ungefähr zehn Prozent unserer Kunden nutzen das System“, berichtet Picard stolz. „Viele bringen aber auch noch ihre eigenen Dosen mit, um sie befüllen zu lassen.“

Auch in der Pfungstädter Metzgerei Feldmann ist die Aktion ein Erfolg: „Das System wird gut angenommen. Alle Dosen sind im Umlauf“, berichtet Inhaberin Conny Patrzalek. Demnächst will sie nachbestellen. Eigene Behälter der Kunden befüllt die Fleischerei allerdings nicht mehr. „Etwa 50 unserer Mehrwegboxen kommen pro Woche wieder zurück“, berichtet Picard. Das seien zwar weniger, als er verkauft. Als Verlust sieht der Metzgermeister das aber nicht: „Das ist eine Herzensangelegenheit.“

Quelle: afz – allgemeine fleischer zeitung, Autorin: Julia Roß.

 

RSS
Empfehlung
Twitter
Visit Us
Follow Me
LinkedIn
Xing