„Headline-Politik bringt uns nicht weiter“

Im Rahmen des Deutschen Verpackungskongresses 2021 fordert Kim Cheng, sich nicht imagegetrieben auf bestimmte Arten von Verpackungen festzulegen. Gleichwohl freut sich die Geschäftsführerin des dvi, dass Verbraucher Verpackungen Fortschritte bei der Nachhaltigkeit attestieren.

Ob Lebensmittel oder medizinische Produkte: Verpackungen haben in diesen Segmenten besondere Bedeutung. Kein Wunder also, dass Kim Cheng, Geschäftsführerin des Deutschen Verpackungsinstituts (dvi) zur Eröffnung des Deutschen Verpackungskongresses 2021 noch einmal unterstreicht: „Verpackungen sind systemrelevant.“ Kein Lockdown für Nachhaltigkeit und Innovation – das Motto des Kongresses zeigt das aktuelle Spannungsfeld auf: Die Herausforderungen der Corona-Pandemie führen die Schutzfunktionen von Verpackungen nochmals deutlich vor Augen. Gleichzeitig wachsen die Ansprüche für mehr Nachhaltigkeit.

Verpackungen werden als nachhaltiger wahrgenommen

In der Kommunikation mit den Verbrauchern scheinen Fortschritte erzielt worden zu sein. Nach einer Befragung des dvi attestieren jedenfalls immerhin 44 Prozent der Befragten Verpackungen Fortschritte bei der Umweltfreundlichkeit, nur 15,7 Prozent sehen Rückschritte. 74,6 Prozent bestätigen darüber hinaus, dass diese Fortschritte ohne Abstriche oder sogar mit Fortschritten bei Funktionalität und Convenience erreicht wurden. „Die Innovationsarbeit der Branche ist gerade auch in Bezug auf die Nachhaltigkeit von Verpackungen ungebrochen“, sagt Cheng.

Ökobilanzierung verbessern

Gleichwohl sieht die dvi-Geschäftsführerin Handlungsbedarf bei Ökobilanzen und in der Kreislaufwirtschaft. „Die imagegetriebene Festlegung auf ein bestimmtes Material oder eine bestimmte Art von Verpackungen ist kontraproduktiv. Headline-Politik bringt uns nicht weiter“, unterstreicht Cheng insbesondere in Richtung Politik. Zu einer Ökobilanz gehöre beispielsweise der Materialeinsatz bei der Produktion aber auch beim Recycling, das Gewicht und Volumen der Verpackungen als Faktor beim Transport, die Transportwege innerhalb der Wertschöpfungskette, der Einsatz von Wasser oder Chemikalien für Produktion oder Reinigung im Falle von Mehrwegverpackungen sowie nicht zuletzt die Beachtung der Anforderungen der zu verpackenden Ware.

„Hier darf sich die Politik nicht wegducken“, sagt Cheng. Sie müsse sagen, welche Faktoren in welchem Maß für die Bewertung von Nachhaltigkeit entscheidend seien. Recycling ist für Cheng der entscheidende Faktor. „Daneben benötigen wir aber auch ein objektives und allgemein gültiges Modell zur Beurteilung der Nachhaltigkeit von Verpackungen. Hier führt kein Weg an Ökobilanzen vorbei.“

Recycling vorantreiben

Die Verwendung von Rezyklat ist mit Blick auf mehr Nachhaltigkeit für Cheng zentral. „Speziell beim Kunststoff können wir Kreisläufe nur schließen, wenn das Material nicht nur eingesammelt und recycelt wird, sondern das Rezyklat auch für neue Verpackungen Verwendung findet. Erst, wenn es einen funktionierenden Markt für Rezyklat gibt, kann sich der Kreis schließen.“ Auch hier sei die Politik gefragt. „Es gibt diverse Modelle zur Förderung des Rezyklateinsatzes. Es wird keine Lösung geben, die alle Interessen berücksichtigt. Wichtig ist dennoch, dass es eine Lösung gibt.“

Einen Weg zur Förderung des Rezyklateinsatzes hat beispielsweise Reinhard Schneider aufgezeigt, geschäftsführender Gesellschafter von Wasch- und Reinigungsmittelhersteller Werner & Mertz. Er fordert von Seiten des Gesetzgebers finanzielle Anreize für den Einsatz von Post-Consumer-Rezyklat (PCR) und setzt sich für die Schaffung eines Fonds ein, in den alle Inverkehrbringer einzahlen müssen und aus dem nur diejenigen, die PCR einsetzen, eine Rückzahlung erhalten.

Konsumenten ins Boot holen

Kreislaufwirtschaft funktioniert nur, wenn alle Beteiligten mitmachen. „Die Konsumenten sind ein entscheidendes Element“, betont Cheng. Schließlich erreicht nur das, was richtig in den Sammelsystemen entsorgt wurde, am Ende die Recyclinganlagen. „Um ihnen die Aufgabe möglichst einfach zu machen, müssen Verpackungen klar anzeigen, wie sie zu entsorgen sind.“

Das wollen auch die Verbraucher: So hatte die Schwarz Gruppe im Sommer 2020 eine Online-umfrage zum Thema Abfalltrennung in Deutschland durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass sich 80 Prozent der Befragten leicht zugängliche Informationen zum Trennen von Verpackungen wünschen – am besten direkt auf dem Produkt. Im März 2021 nun hat Kaufland bekannt gegeben, sukzessive Trennhinweise auf Mehrkomponentenverpackungen einzuführen. Die Trennhinweise geben Auskunft über die Materialien, aus denen die einzelnen Verpackungskomponenten bestehen. Ziel sei, die Kunden zu motivieren, ihre Verpackungen richtig zu entsorgen und so einen Beitrag zu einem besseren Recycling zu leisten. Zu hoffen bleibt, dass die Verbraucher den Hinweisen dann auch folgen.

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