Sichtfenster für den Frische-Beweis

Hersteller und Händler können bereits jetzt mehr nachhaltige Verpackungen einsetzen als es die gesetzlichen Vorgaben erfordern, erklärten Vertreter von Unternehmen aus der Konsumgüter-Branche. Allerdings stelle sich die Frage, ob Verbraucher bereit sind, auf jegliche Form von Kunststoff zu verzichten. Das EHI Retail Institute hatte zur virtuellen Debatte eingeladen.

Nachhaltige Verpackungslösungen für Gastronomie und Lebensmittelhandel: So lautete der Titel einer Onlineveranstaltung von EHI Retail Institute e. V.. Das Forschungs- und Bildungsinstitut für den Handel mit mehr als 800 Mitgliedern hatte Vertreter aus Unternehmen sowie eine Expertin des Bundesumweltamtes gebeten, praxisnah über die neuen Verpackungsvorgaben und deren Umsetzung im Handel zu berichten. Eingangs erklärte Sonia Grimmiger vom Bundesumweltamt den Teilnehmenden die EU-Einwegkunststoffrichtlinie und die geplante Novelle des deutschen Verpackungsgesetzes.

In Kürze einige Punkte aus den gesetzlichen Vorgaben:

  • Stärkung des Recyclings. Ab 2025 sollen Getränkeflaschen einen verbindlichen Anteil von 25 % rezykliertem Kunststoff beinhalten, ab 2030 sollen sie zu mindestens 30 % aus Rezyklat bestehen;
  • Information der Öffentlichkeit. Auf einer Reihe von Produkten sollen Hersteller über die negativen Auswirkungen unsachgemäßer Entsorgung informieren und auf Mehrwegsysteme hinweisen. Dazu zählen Essensbehälter, Folien, Becher, Tabakprodukte, Feuchttücher, Hygieneprodukte, Luftballons, leichte Plastiktüten;
  • Verbrauchsreduktion. Der Verbrauch von Essens- und Getränkebehälter aus Kunststoff soll bedeutend gesenkt werden;
  • Getrennte Sammlung. Bis 2025 sollen mindestens 77 % der Getränkeflaschen getrennt gesammelt werden, ab 2029 90 % – etwa durch die Einführung eines Pfandsystems;

Es führt kein Weg an der Reduktion von Einwegkunststoffprodukten vorbei, waren sich alle einig. Doch welche Alternativen gibt es und welche wollen die Verbraucher am Ende zu welchem Preis akzeptieren?

Kunden wollen bei Sushi die Frische sehen

Sushi im Supermarkt frisch zubereitet: Mit seinen Asia-Food-Shops in Geschäften und Sushi-Packungen für unterwegs ist Eat Happy in Europa gewachsen. Frederik Becker, Senior Product Manager & Packaging Specialist, von Eat Happy erklärte, dass das Unternehmen mit mehr als 3.500 Mitarbeitern Produkte und Verpackungen stetig weiterentwickele. Den Weg zu mehr Nachhaltigkeit zeigte Becker mit einigen Zahlen: Seit April 2021 bestehen die Verpackungen aus 100 Prozent rPET. Bis zum Jahr 2025 will das Unternehmen klimaneutral arbeiten, dazu gehöre auch die Reduzierung von tierischen Erzeugnissen. Schon jetzt gibt es zunehmend vegane Alternativen für Sushi-Fisch.

Allerdings teilte Becker auch Fragen und Gedanken des Unternehmens mit, die in der Praxis eine Rolle spielen. Wieviel Aufwand will der Verbraucher für eine Mehrwegverpackung akzeptieren? „Bringen wir unsere benutzten Behältnisse wirklich in den Pfandkreislauf und akzeptieren wir Verkaufsbehältnisse, die nicht neu sind im LEH? Welcher Rohstoff sollte nach Kundenwahrnehmung verwendet werden, und ist dieser wirklich nachhaltig“, fragte Becker. Und ein Punkt, der im Frischesektor eine besondere Rolle spiele: Ist der Kunde bereit, eine Sushi-Kartonpackung aus dem Regal mitzunehmen, die kein Sichtfenster hat? Wenn man gänzlich auf Folie verzichten wolle, könnte der Kunde sich nicht von der Frische des Produkts überzeugen, stellte er klar.

Duni-Marketingchef: Es gibt eine Vielzahl an Alternativen

„Wir haben zu Hause die Kaffeemaschine für 1.200 Euro, aber kaufen den Kaffee auf dem Weg ins Büro. Wir essen mittags Salat aus der Theke im Rewe und abends bestellen wir per Lieferando das Abendessen“: Axel Gelhot, Head of Marketing Commercial Central Europe, bei Duni GmbH, zeigte bewusst ein überzeichnetes Bild zum Einstieg in seinen Vortrag. Convenience mache das Wachstum der Gastronomiebranche aus, stellt er klar.

Trotz allem bemerke er eine Sensibilisierung der Verbraucher, wenn es um Nachhaltigkeit geht. Verbraucherumfragen bestätigen dies: „Das schlechte Gewissen isst mit.“ Mehr als 75 Prozent der Gäste und Kunden wünschten nachhaltige Verpackungen, so Gelhot. Und dies sei möglich. „Es gibt eine Vielzahl an Alternativen auch über die Verbote hinaus“. Handel und Gastronomie wollen daher nachhaltige Materialien, recyclingfähige Verpackungen, Pfandpflicht und Mehrweg anbieten. Das Plastikbesteck für den Unterwegsverzehr werde zum Beispiel durch Holzbesteck ersetzt. Der Markt biete mehrere Alternativen für Kunststoff aus nachwachsenden Rohstoffen und kompostierbaren Materialien. Auch der Experte von Duni sagt, dass weiterhin auch transparente Verpackungen ihre Berechtigung haben. „Der Kunde will die Qualität des Produkts sehen.“

von Anna Ntemiris

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