Flexible Druckverfahren für flexible Verpackungen

Individuelle Verpackungen, die Verzahnung von Verpackung mit digital erweiterten Möglichkeiten und veredelte Verpackungen dynamisieren derzeit die Branche. Um mit diesen sich ändernden Markt- und Kundenbedürfnissen effizienter umzugehen, können neue Druckverfahren wie der Digitaldruck unterstützen.

In der krisengeschüttelten Druckindustrie ist der Verpackungsdruck noch eine der wenigen stabilen Sparten, denn unabhängig von der Produktqualität ist die Notwendigkeit von Verpackungen in allen Industriebranchen ein Garant dafür. Doch auch in der Verpackungsindustrie stehen die Zeiten auf Umbruch, wie diverse Trendanalysen, unter anderem von Bobst Group SA, einem international tätigem Schweizer Hersteller von Maschinen und Anlagen für die Verpackungsindustrie, zeigen, denn niemand kann es sich leisten, Verpackungstrends zu spät zu erkennen. Digitaldruck, da sind sich die Experten einig, soll nun diesen Umbruch besser begleiten können als herkömmliche Druckverfahren. Es lohnt also, einen Blick auf die Möglichkeiten des Digitaldrucks für Verpackungen zu werfen.

Zu den drei großen Trends, die sich in der Verpackungsindustrie derzeit zeigen, gehört zum einen die steigende Nachfrage nach Kleinserien, da die Produktzyklen kürzer werden und Produktportfolios immer breiter. Denn Produkthersteller, besonders diejenigen, die sich an eine jüngere Klientel wenden, adressieren zunehmend individuelle Käufergruppen über immer individuellere Etiketten und Kartonagen. Zu den Vorreitern in diesem Umfeld zählt beispielsweise Coca-Cola mit seinen Produkten Light und Zero. Mittlerweile gibt es eine große Zahl an Varianten. Und jedes dieser Produkte wird in Verpackungen verschiedener Form und Größe angeboten: in PET-Flaschen, Glasflaschen oder Dosen. Zusehends wird Diversifikation als Erfolgsfaktor erkannt, und Coca-Cola ist nur ein Beispiel unter vielen.

Trend Nummer ist die Digitalisierung. Neue Digitaltechnologien bieten Druckdienstleistern ein breiteres Feld an Möglichkeiten, etwa Augmented Reality (AR): Die Verzahnung bedruckter Packmittel mit digitalen Inhalten wie Videos oder Animationen, die sich per AR-App abrufen lassen, verlängert die Dauer, in der sich ein potenzieller Käufer mit einem Produkt beschäftigt. Neben der Erhöhung des Kaufanreizes eröffnet sie aber auch die Möglichkeit, Werbekampagnen interessant und messbar zu führen.

Ein dritter Wachstumsfaktor ist der Bereich Veredelung und Weiterverarbeitung. So werden für Etiketten und Verpackungen beispielsweise derzeit häufig Vergoldungen oder Prägungen verlangt – nicht nur bei Parfums, Pralinen oder Luxuswaren, sondern beispielsweise auch bei Weinen und Bieren. Hologramme und unsichtbare Markierungen bieten nämlich einen optisch unauffälligen Schutz vor Produktfälschungen, etwa in der Pharma- und Tabakindustrie. Denkbar ist auch, dass in naher Zukunft gedruckte RFID-Antennen in Metallic-Farben die Interaktion mit dem Kunden ankurbeln – effektiver und ästhetischer als die derzeit üblichen QR-Codes. Digital veredelte Verpackung oder Labels, die zusätzlich zum 4c-Druck anderweitig aufgewertet wurden, wecken nachweislich den Kaufanreiz beim Verbraucher. So hat beispielsweise die Foil and Specialty Effects Association in einer Studie herausgefunden, dass die Zeit zur Identifikation veredelter Produkte um 45 Prozent kürzer ist als bei Produkten, die nicht veredelt wurden.

Drei große Trends also, die derzeit in der Verpackungsindustrie für Unruhe sorgen und gleichzeitig auch Begehrlichkeiten wecken, auch von diesem Kuchen einen guten Teil abzubekommen. Denn Analysen des Marktforschungsunternehmens Keypoint Intelligence zufolge sollen die Umsätze mit digitalen Farbetiketten und Verpackungsdrucken weltweit 2021 auf fast 800 Millionen US-Dollar ansteigen. Das entspricht einem Plus um mehr als 65 Prozent seit 2016.

Mit Digitaldruck den Spagat meistern

Die Möglichkeiten des Digitaldruck können nun helfen, diesen Spagat zwischen Markttrends und den wirtschaftlich sinnvollen Umsetzungsmöglichkeiten zu meistern, denn damit lassen sich Serien ab einem Stück und verschiedenste Materialien bedrucken: Papier, Plastik, Stein, Glas, Holz, Metall und vieles mehr. Der Begriff Digitaldruck ist dabei kein eigenes Verfahren, sondern ein Oberbegriff für verschiedene Druckverfahren ohne festen Druckkörper, denn die Druckvorlage existiert nur digital – sie wird per Computer erstellt und mittels Drucker direkt auf das zu druckende Material übertragen. Die derzeit am häufigsten verwendeten Digitaldruckverfahren bei Verpackungen sind Laserdruck, Tintenstrahldruck, Thermotransfer sowie der 3D-Druck.

Vor- und Nachteile sowie Einsatzgebiete der Verfahren

Der Laserdruck mit den Unterarten Latexdruck, Solventdruck und UV-Direktdruck punktet mit hoher Druckqualität, geringen laufenden Druckkosten, geringer Umweltbelastung, Zuverlässigkeit und langer Lebensdauer und ist zudem wasser- und wischfest. Nachteile der Laserdrucker sind oftmals die fehlende Tiefenwirkung und die Farbechtheit. Zwar sind die Ausdrucke eines Laserdruckers wischfest, jedoch nicht unbedingt gegen Abblättern gefeit. Weitere Nachteile von Laserdruckern sind die thermische Belastung der Druckmedien bei der Fixierung. Eine Verarbeitung von elektrisch (teilweise) leitfähigen Medien oder völlig starren Vorlagen ist nicht möglich. Einsatzbeispiele sind die Serialisierung pharmazeutischer Verpackungen: Sowohl Laser- als auch Thermal Ink Jet (TIJ)-Druck können hochauflösende Codes liefern, die für die detailgenaue Darstellung von Symbole und Mehrzeilendruck erforderlich ist.

Beim Tintenstrahldruck (oder Inkjetdruck) werden im Unterschied zum Laserdruck winzige farbige Tintentropfen auf das Papier beziehungsweise Textil gesprüht. Für dieses Druckverfahren sprechen hohe Geschwindigkeit und Druckqualität sowie günstige Anschaffungskosten, geringer Energieverbrauch auch während des Druckens und angemessene Folgekosten, wenn das Verbrauchsmaterial clever gewählt wird). Zu den Nachteilen zählen die Druckerpatronen: Sie können oft leicht austrocknen oder bei Berührung schnell verschmieren. Dennoch finden Tintenstrahldrucker auch in der Verpackungsindustrie zunehmend einen Platz, etwa bei Primär- als auch Sekundärverpackungen, denn sie kennzeichnen nicht nur hochauflösend, sondern auch in Höchstgeschwindigkeit und werden daher neben der Mindesthaltbarkeits- und Chargenkennzeichnung zum Beispiel ebenfalls beim Serialisierungsdruck in der Pharmaindustrie eingesetzt.

Als Thermotransfer bezeichnet man indirekte Druckverfahren, bei denen der Druck von einer Übertragungsschicht auf den Druckstoff durch eine Hitzebehandlung erfolgt. Dieses Verfahren passt für Motive mit lediglich bis zu drei Farben, also etwa Logos, Piktogramme und Schriftzüge oder ähnliches. Vorteile: Da sie mit Hitze arbeiten, benötigen die Geräte keine extra Tinte – es entfällt das  Nachbestellen und Wechseln von Toner und Farbbänder. Zudem sind sie wartungsarm und verfügen über eine hohe Lebensdauer. Bei den Nachteilen ist vor allem das Erfordernis von speziellem Thermopapier zu erwähnen und der Druck ist temperatur- und lichtempfindlich. Mit Thermotransfer-Direktdruck bzw. „Thermal Transfer Overprinting“ (TTO) werden Verpackungsfolien und Hochglanzkartons direkt bedruckt – ohne zusätzliches Etikett. Dadurch arbeiten sie besonders wirtschaftlich. Sie lassen sich für die Anbringung von Kennzeichnungen wie Haltbarkeitsdaten, Chargennummern oder Inhaltsstoffe verwenden.

Das neuste und wohl mit größter Spannung betrachtete Verfahren ist der dreidimensionale Druck, oder 3D-Druck. Ein wichtiger Schritt in der Entwicklung von Verpackungen ist hierbei die Herstellung von 3D-Modellen. Die auch additive Fertigung genannte Art des 3D-Drucks ermöglicht es, in kurzer Zeit Prototypen zu erstellen – und somit eine am Rechner ausgearbeitete Idee zum Leben zu erwecken. Aus CAD-Daten bauen hauseigene 3D-Drucker dann innerhalb von wenigen Stunden ein dreidimensionales 1:1-Modell des Entwurfs auf. Damit lassen sich fast alle Arten von Verpackungen konstruieren – bereits geschehen etwa bei Bullrich-Salz, einem pharmazeutisches Produkt, das in Tablettenform und als Pulver angeboten wird. Hier haben etwa die Spezialisten von Pöppelmann aus Lohne die ursprüngliche, den Anwendern vertraute Verpackung modernisiert und funktionaler gestaltet. Die äußeren Konturen des Spenders aus Kunststoff wurden für eine angenehme Haptik abgerundet. Ein neuer Scharnierdeckel mit Originalitätsverschluss erleichtert die Dosierung. Der Clou der Verpackungen ist ein vorkonfektioniertes, wiederverschließbares Bodenfach für ein Mitnahmeröhrchen, das die Tabletten-Großpackung ergänzt. Alles wurde mit 3D-Drucktechnologie hergestellt. Gerade aufwendige und außergewöhnliche Lösungen profitieren damit in der Entwicklungsarbeit stark von der Möglichkeit der additiven Prototypenfertigung.

von Dunja Koelwel

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