Mehr Tempo durch Automatisierung
Es geht nur mit Druck: Die Druckbranche verleiht der Verpackung, ob aus Folie oder Pappe, das richtige Aussehen. Der Verpackungsdruck bleibt der am stärksten wachsende Bereich in der Printmedienindustrie.
Der Appetit auf Tiefkühlpizza ist gewachsen: Etwa eine Milliarde werden jährlich in Deutschland verkauft. Wenn verpackte Lebensmittel heiß begehrt sind, freut dies auch die Hersteller von Druckmaschinen. Denn mit dem Pizza-Trend steigt zum Beispiel die Nachfrage nach Schachteln. In diesen Wachstumsmarkt ist der Druckmaschinenhersteller manroland Goss (2018 aus der Fusion von manroland web systems und Goss International entstanden) nun stärker eingetreten und will mit einem Verpackungsunternehmen, das bisher unter dem Projektnamen ROSA agiert, bis Ende 2021 eine komplett automatisierte Verpackungsdruckfabrik bauen. Das Herzstück der neuen Druckfabrik bildet die VARIOMAN c:line mit Rollenoffsettechnologie. Die Maschine bedruckt in einer Minute mehr als 2.500 Pizzaschachteln.
Hohe Nachfrage nach Verpackungen
Auch andere Maschinenbauer profitieren vom Verpackungsboom, der aufgrund der hohen Konsumgüternachfrage bereits vor der Pandemie allgegenwärtig war. Auf der einen Seite gibt es seit der Corona-Krise wieder mehr Bedarf für große Druckauflagen – etwa für Hamstervorräte im Lebensmittelbereich – und auf der anderen Seite greifen die Druckmaschinenhersteller die Trends im Verpackungsdruck auf: immer kleinere Losgrößen, mehr individuelle Verpackungsvarianten und anspruchsvollere Veredelungen zum Beispiel durch Sonderfarben oder Effekte. Die Verpackungsfirmen und Markenartikler wollen die Verbraucher am Point of Sale im stationären Handel, aber auch im Onlinehandel optisch ansprechen. Das geht nur mit dem richtigen (Auf-)Druck. Der Verbraucher und damit indirekt der Kunde der Druckmaschinenhersteller wünscht zudem Schnelligkeit und Nachhaltigkeit zugleich: Er will auf das Produkt nicht lange warten und beim Einkauf möglichst ökologisch handeln. Kurzum: die Produktionsgeschwindigkeit allein ist nicht mehr ausschlaggebend für eine gewinnbringende Produktion.
Komplexe Anforderungen
Die Komplexität der Anforderungen ist für die Verpackungsdruckbranche insbesondere mit der Corona-Pandemie eine wirtschaftliche Herausforderung geworden, unter anderem durch die Verknappung von Rohstoffen und Kostensteigerungen in allen Bereichen. Eine Prognose für das laufende Jahr wagen die Verbände noch nicht. Die Verpackungsdrucker sind allerdings „widerstandsfähig gegen den Abschwung der Wirtschaft“, sagt die Heidelberger Druckmaschinen AG, einer der weltweit größten Lieferanten für Verpackungsdrucker. Der große Player am Markt zeigt sich optimistisch. Die Nachfrage nach Drucksystemen, besonders in asiatischen Kernmärkten, bewegt sich trotz der Pandemie in etwa wieder auf Vorkrisenniveau. Die Hälfte des Umsatzes haben die Heidelberger im Geschäftsjahr 2019/2020 mit Bogenoffsetdruckmaschinen gemacht.
Druckverfahren
So unterschiedlich die Konsumgüter und mit ihr die Verpackungen ausfallen, so unterschiedlich sind die Materialien, die der Verpackungsdruck gestaltet. Es wird auf Papier, Karton, Blech oder Plastik und Folie gedruckt. Dabei kommen die unterschiedlichen Druckverfahren zum Einsatz.
Flexodruck, Tiefdruck und Offsetdruck sind die drei großen Verfahren, die wertmäßig rund 80 Prozent des Weltmarkts erfüllen. Für jedes Verfahren gibt es spezielle Maschinen.
Der Offsetdruck dominiert beim Bedrucken von faserbasierten Materialien, Faltschachteln wie etwa für Kosmetikverpackungen, Süßwaren, Tiefkühlware oder Medikamente. Es gibt zwei Verfahrensvarianten: Bogenoffset und Rollenoffset. Laut Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) ist der Bogenoffsetdruck die am häufigsten eingesetzte Drucktechnologie und herrscht bei 66 Prozent aller Druckdienstleister vor, wie 2018 eine Befragung zeigte. Der Verband geht davon aus, dass der Offsetdruck weiterhin den Markt dominieren wird.
Das Flexodruckverfahren wird häufig beim Druck auf Folie, etwa für Produkte wie Beutel, Lebensmittelverpackungen und Deckelfolien, verwendet. Verpackungen aus Wellpappe oder Papier können mithilfe von Offsetdruck oder Flexodruck bedruckt werden.
Der Tiefdruck – das älteste Verfahren – verlor im Vergleich zu Flexo- und Offsetdruck in den vergangenen Jahren an Marktanteilen. Der Tiefdruck ist das aufwändigste Verfahren, bietet aber bei detailreichen Druckbildern eine hohe Qualität, da auch sehr feine Druckraster bei hoher Geschwindigkeit möglich sind. Insbesondere bei sehr hohen Druckauflagen in der Lebensmittelbranche (Markenartikler) macht der Tiefdruck Sinn, da eventuell höhere Druckvorkosten im Pre-Press sich dann ausgleichen.
Weitere Druckverfahren sind: Buchdruck, indirekter Hochdruck, Siebdruck und Tampondruck.
Zu den neueren Verfahren zählen der Digitaldruck und der 3D-Druck, hier sind Unternehmen wie Landa aus Israel Vorreiter. Digitale Prozesse machen maßgeschneiderte Verträge mit Druck, Service, Software und Logistik möglich. Obwohl diese innovativen Technologien begehrt sind, bleiben die großen Verpackungsdrucker bei den herkömmlichen Verfahren wie Offsetdruck, die wirtschaftlicher abzudecken sind und sich bewährt haben.
Automatisierter Workflow
Großer Vorteil ist bei den herkömmlichen Druckverfahren der vollautomatisierte Workflow. Dieser macht es mithilfe digitaler Datenübertragung möglich, auch mit wenig Manpower große Druckaufträge zu bewerkstelligen und dem Wunsch nach Individualisierung – etwa bei Sondereditionen von Markenartiklern – nachzukommen. Der Automatisierungsgrad ist ein wichtiger Faktor für die Druckmaschinenhersteller und -anwender. Schnelle Wechsel der Stückzahlen an der Maschine ohne Zeitverluste durch Stillstände und wenig manuelle Bedienung sind problemlos zu meistern.
Für Faltschachteldrucker hat die Heidelberg Druckmaschinen AG einen durchgängigen Workflow mit der Maschine Speedmaster XL 106 inklusive der Weiterverarbeitung an der Stanze und der Faltschachtelklebemaschine entwickelt. Die Speedmaster XL 106 entlastet den Bediener von Routinearbeiten, navigiert ihn durch die verschiedenen Rüstprozesse und steigert damit die Effizienz.
Ein Beispiel für ihr intelligentes Assistenzsystem ist der Wash Assistant. Er wählt das am besten geeignete Waschprogramm aus. Das spare nicht nur Waschmittel, sondern erhöhe auch die Produktionskapazität der Druckmaschine um bis zu 125 Stunden im Jahr. Für die Transparenz und Qualitätssicherung über die gesamte Produktion hinweg sorgt eine neue Funktion, die jeden Bogen mit einer einzigartigen Nummer codiert.
Die technisch hochentwickelte Druckmaschine von manroland Goss für die Pizzaschachteln soll unter anderem mit einem automatischen Abwickler mit Bahnspeicher und Stoßklebung, Bahnreinigung, Bahnkantenregelung, Spezialzugeinheit plus fünf Offsetdruckwerken, einer Flexodruckeinheit, einem Elektronenstrahlhärter sowie einer Inline-Rotationsstanze Ende 2021 produktionsbereit sein. Sie bedruckt auch Kartonagen in anderen Stärken, etwa für Becher. Mit der Rollenoffsetlösung Varioman sei insgesamt ein Produktionsoutput möglich, der den Bogenoffsetdruck bis zu 100 Prozent übertreffe.
Postpress
Die Druck- und Postpressmaschinen unterscheiden sich beim Verpackungsdruck von denen im herkömmlichen Papierdruck, da das Verpackungsmaterial in der Regel dicker ist. Insbesondere beim Offsetdruck ist es zum Beispiel von erheblicher Bedeutung, ob eine Zeitung oder Faltschachtel in die Maschine kommt.
Im Postpress, also dem Schritt nach dem eigentlichen Druck, kommen Maschinen zur Weiterverarbeitung wie zum Stanzen, Lackieren oder für Prägungen zum Einsatz. Hier sind neue Anforderungen durch den Trend zu mehr Veredelung im Kommen. Längere und komplexere Maschinenkonfigurationen sind nötig, wenn zum Beispiel individuelle Abfolgen von Lack-, Druck- und Trockenwerken anstehen, mit denen sich verschiedene Applikationen umsetzen lassen.
Die Druckveredelung kann entweder inline (in der Druckmaschine) oder in einem anschließenden Prozess (offline) erfolgen. Es gibt Maschinen, die in nur einem Arbeitsgang drucken, veredeln und stanzen.
Glanz- und Metallic-Effekte, haptische Auspackerlebnisse durch Prägungen, Hologramme oder weiche Oberflächen sind ebenfalls gefragt und machen den Rüstprozess aufwendiger. Aber auch dabei ist die Lösung ein automatisierter Workflow sowie die digitale Datensteuerung. Eine automatisierte Logistik, etwa mithilfe von Robotern oder autonomen Systemen, kann zum Beispiel bei der Entsorgung der Druckplatten noch mehr Ressourcen einsparen.
Die Prozesskette wird in der Veredelung immer digitaler – auch getrieben durch kleinere Auflagen, um zum Beispiel Etiketten für unterschiedliche Länder verschieden zu gestalten, erklärt Walter Kurz, Vorstand der Leonhard Kurz Stiftung.
Veredelung
Veredelung dient nicht nur für die Optik am Point of Sale, sondern auch zum Schutz der Ware und der Produktsicherheit, etwa durch kratzfeste Beschichtung oder Nachverfolgbarkeit. Auch bei der Veredelung gibt es je nach Anforderung und Material verschiedene Verfahren. Ob klassischer Kunststoffspritzguss, Lackieren, Heißfolienprägung, Folienkaschieren, Beflockung oder Laserstanzen: die Liste der Verfahrenstechniken und -innovationen ist länger geworden.