Verpackungsrechner zeigt den Kohlendioxid-Fußabdruck

Professor Dr. Dirk Burth von der Hochschule München, Fachbereich Verpackungstechnik, hat einen Verpackungsrechner entwickelt. In der TECHBOX zum Thema Nachhaltigkeitsstrategien für Anwender stellte er den FACHPACK-Besuchern die Berechnung von nachhaltigen Verpackungen vor.

Was ist nachhaltig? Diese Frage ist schwierig zu beantworten, weil in dem Begriff Nachhaltigkeit sehr viel unterschiedliche Aspekte berücksichtigt werden, sagt der Verpackungstechniker Professor Dr. Dirk Burth von der Hochschule München. „Aber was welchen CO2-Ausstoß hat, kann konkret in einer Zahl angegeben werden“, stellt Burth klar. Er hat einen Verpackungsrechner namens SPOC (Sustainable Packaging Online Calculator) entwickelt. SPOC ist ein allgemein anwendbares Tool für die Berechnung der Umweltwirkung von Verpackungen. Burth spricht von einem Kompass oder einem Werkzeug für diejenigen, die verantwortlich sind für die Verpackungsauslegung wie Verpackungsingenieure, Packstoffhersteller, Marketing- und Vertriebsmitarbeiter.

Eine gesamte Ökobilanzierung ist zeitlich sehr aufwendig und für den Verpackungsentwickler in der Praxis nicht durchführbar. Aber auf Basis einer vereinfachten Datenanalyse lassen sich auch schon sehr aussagekräftige Ergebnisse erzielen, erläutert Burth den Hintergrund der Entwicklung. SPOC quantifiziert die Unterschiede von verschiedenen Verpackungslösungen hinsichtlich der CO2-Emission und des Energieverbrauchs. Der Verpackungsrechner ist speziell für Lebensmittel- und Non-Food-Verpackungen ausgelegt.

Das primäre Ziel von SPOC ist, dass Anwender selbstständig und schnell den CO2-Fußabdruck und Energieaufwand für die Herstellung von geplanten und verwendeten Verpackungen bestimmen können. Die mit SPOC bestimmten CO2-Emissionen sind aber nur für den internen Gebrauch oder für den Austausch zwischen Partnern in der Prozesskette – soweit diese ebenfalls mit SPOC vertraut sind.

Für die Berechnung der Umweltwirkung von Verpackungen sind laut Burth als wesentliche Elemente die Verpackungsmaterialien, Verarbeitungsprozesse, Transport, und das End-of-Life in die Berechnung mit einzubeziehen. Mit SPOC lassen sich alle Standardmaterialien wie Papier, Kunststoff, Glas, Metall, aber auch Recyclingmaterialien und Biomaterialien kalkulieren. Zusätzlich ist es möglich, eigene Material- und Prozessdaten einzubeziehen. Mit SPOC werden aber auch die Klimagasemissionen bei den verschiedenen End-of-Life-Varianten wie Mehrweg, Deponierung, Kompostierung, unterschiedliche thermische Entsorgungswege und Recycling transparent.

Der Experte betont, dass bei einer Nachhaltigkeitsprüfung nicht nur die Verpackung an sich zu untersuchen ist, sondern auch das verpackte Produkt mit einbezogen werden muss. „Die Erde spürt nur die Gesamtumweltwirkung, aber nicht, ob diese von der Verpackung oder vom Lebensmittel verursacht wurde.“

Beispiel: Flaschen aus Bio-PLA mit PET-Flaschen

Polylactid (PLA) ist ein Biokunststoff aus Milchsäure und hat damit in der CO2-Bilanz von der Materialseite einen klaren Vorteil. Allerdings ist PLA nicht recycelbar, da die Stoffmengen derzeit zu klein sind. PET aus fossilen Rohstoffen hat dagegen den Vorteil, dass eine „hervorragend ausgebaute Infrastruktur für Recycling besteht“. Was hat nun eine geringere Kohlendioxid-Emission bei einer gleich schweren Flasche? „Ein recyclingfähiges PET hat ähnliche Emissionen wie Bio-PLA“, so Burth. Der hohe Nutzen von Recycling werde aber auch deutlich im Vergleich zu PET ohne Recycling: Dieses hat circa drei Mal höhere Emissionen als Bio-PLA.

Mehrweg hat Potenzial

„Mehrweg hat viel Potenzial, um die Umweltwirkungen zu minimieren“, so der Verpackungsexperte.  Entscheidende Faktoren sind, um wieviel stabiler muss eine Mehrwegflasche als eine Einwegflasche ausgelegt werden, wie hoch ist der Reinigungs- und auch der Tranpsortaufwand und wie gut klappt die Recyclinginfrastruktur? Mit SPOC lasse sich dies schnell kalkulieren.

Korrelation Haltbarkeitsdauer von Lebensmitteln und Umweltwirkung von Verpackungen

Die Haltbarkeit von Lebensmitteln kann für oxidationsempfindliche Produkte durch eine Sauerstoffbarriere wie PA verlängert werden. Unterschiedlich dicke PA-Schichten liefern eine längere Haltbarkeit von Lebensmitteln, ergeben aber auch eine größere CO2-Emission. Die CO2-Emission und die Verlängerung der Haltbarkeit lassen sich gut miteinander linear korrelieren.

Auswirkung von Lebensmittelverderb durch Verpackungen

Burth nennt als Beispiel die Salatgurke. Sie ist im Schnitt ohne Verpackung vier Tage haltbar, mit einer Folienverpackung bis zu 28 Tage. „Der CO2-Aufwand für die Verpackungen sind hier deutlich niedriger als die CO2-Einsparungen durch Reduktion des Verderbs der Gurken. Die Schrumpffolie bei der Gurke lohnt sich, wenn circa 1,5 Prozent des Verderbs damit reduziert wird.“ Anders ausgedrückt: Wenn von 100 verpackten Gurken bei 1,5 Gurken durch die Verpackung der Verderb verhindert wird, sei die Verpackung ökologisch sinnvoll. „Eine Haltbarkeitsverlängerung gibt es nicht umsonst“, sagt er an die Adresse der Folienkritiker. „Gurken in Folie sind sinnvoll.“

Der Verpackungsrechner ersetzt keine Ökobilanzierung, betont Burth. Jedoch liefere SPOC in wenigen Minuten Ergebnisse, aus denen ersichtlich ist, ob eine neue Verpackungsidee in die richtige Richtung geht. Der Vergleich von mehreren Verpackungslösungen gibt anhand der klar nachvollziehbaren Vorgehensweise reproduzierbare Daten, die Vor- und Nachteile fair offen legen, fasst Burth zusammen.

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