Verpackungen: die Lebensmittelretter?
Mehrere Jahre lang hat sich in Österreich ein Netzwerk von Forschern und Praktikern mit der Frage beschäftigt, wie Verpackungen Lebensmittelabfälle reduzieren – ein wichtiger, wenn auch noch wenig beleuchteter Aspekt für die Bewertung der Nachhaltigkeit von Verpackungen. Die Ergebnisse werden manchen überraschen.
„Stop Waste – Save Food“: Unter diesem Motto hat sich in Österreich ein Netzwerk von Partnern aus Wissenschaft, Verpackungs- und Lebensmittelwirtschaft zusammengetan, um der Frage nachzugehen, ob und wie Verpackungen Lebensmittelabfälle vermeiden helfen. Die Kern-Botschaft des Ergebnisberichts: Sie können ganz erheblich dazu beitragen. In den konkret untersuchten Beispielen kann eine Verdoppelung der Mindesthaltbarkeit die Abfallrate im Handel um etwa 40 Prozent senken.
Schutzfunktion mit erheblicher Klimawirkung
Das Ergebnis ist bedeutsam: Wie die Autoren der Studie betonen, stehen immerhin etwa 30 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen mit Ernährung in Zusammenhang. Ein Drittel aller produzierten Lebensmittel aber geht verloren. Das macht den Stellenwert der Verpackung in ihrer Schutzfunktion deutlich. Der Studie zufolge sind im Schnitt nur rund 3,0 bis 3,5 Prozent der Klimawirkungen verpackter Lebensmittel auf die Verpackung selbst zurückzuführen. Wenn durch die Schutzfunktion von Verpackungen im Schnitt also mehr als 3,5 Prozent der Lebensmittelabfälle vermieden würden, habe sich der Verpackungseinsatz aus Sicht des Klimaschutzes ausgezahlt.
Frischer ist nicht unbedingt nachhaltiger
In der Studie werden zahlreiche Beispielprodukte näher beleuchtet. Zwar betonen die Autoren der Studie,dass letztlich jeder Einzelfall anhand von konkreten Daten vor und nach einer Umstellung untersucht werden müsse. Doch die Beispielfälle lassen einen Trend erkennen, wie eine kleine Auswahl zeigt:
- Beispiel Salatgurke: In einer österreichischen Handelskette wurde seit 2019 bei Salatgurken auf die Schutzfolie verzichtet. Dadurch stieg die Menge der diesbezüglichen Lebensmittelabfälle im Handel um den Faktor 2,7 an. Der Klimafußabdruck der zusätzlichen Abfallmenge ist der Studie zufolge viermal höher als der Klimavorteil durch die eingesparte Verpackung.
- Beispiel Minigurke: In Lagertests wurde die Haltbarkeitsdauer von Minigurken ermittelt. Bei einer idealen Lagertemperatur von 8° Celsius lag die Haltbarkeit in einer Kartontasse mit PP-Schlauchbeutel und Makroperforation bei 12 Tagen, in einer PP-Tasse mit mikroperforiertem PET-Schlauchbeutel bei 23 Tagen und unverpackt bei 6 Tagen. In Kombination mit angenommenen Verbrauchsszenarien ergab sich eine Abfallrate von 14,5 Prozent für unverpackte Minigurken, 4,0 Prozent in der PP-Tasse und null Prozent beim Schlauchbeutel. Die Treibhausgasbilanz kürt der Studie zufolge Letztere zum Sieger, danach folgen die Varianten „unverpackt“ und PP-Tasse.
- Beispiel Schinken: Die Verpackung für frisch verpackten Schinken von der Theke kostet zwar weniger als die Verpackung für Schinken im SB-Regal. Aber der frisch verpackte Schinken verdirbt bei Verbrauchern um mindestens drei Tage früher. Werden 20 bis 30 Gramm Schinken weggeworfen, dann ist der Nachteil in der Ökobilanz, in der die Forscher Klimakosten monetär bewertet haben, 15 mal größer als die Mehrkosten der SB-Verpackung.
- Beispiel Camenbert: Am Beispiel von Camembert zeigt die Studie den Vorteil einer portionierten Verpackungsvariante (6×50 Gramm) mit einem Stück Camenbert von 300 Gramm über einen längeren Zeitraum. Während 65 bis 85 Prozent der Proben vom Camembert im Ganzen, abhängig von der Aufbewahrung, von den Probanden am letzten Bewertungstag bereits verworfen wurden, waren dies bei der portionierten Alternative lediglich 30 Prozent. Zusätzlich würde der Großteil der Testpersonen die übrigen verpackten Portionen noch essen, obwohl das Mindesthaltbarkeitsdatum bereits überschritten war.
Koordiniert wurde das Projekt „Stop Waste – Save Food“ vom ecoplus Kunststoff-Cluster und dem ecoplus Lebensmittel Cluster Niederösterreich. Als wissenschaftliche Partner waren neben dem Österreichischen Forschungs- und Prüfinstitut (OFI), das Beratungsunternehmen denkstatt sowie die Universität für Bodenkultur Wien (Boku) beteiligt. Selbst wenn sich die Untersuchung an vielen Stellen auf Handelsdaten aus Österreich stützt, dürften die Ergebnisse nicht nur dort relevant sein. Nachzulesen sind sie im Leitfaden „Lebensmittel – Verpackungen – Nachhaltigkeit“.