„Geben Sie Gas!“

Nachhaltigkeit sei der größte Wachstumsmarkt, sagt Verpackungsexperte Thomas Reiner, CEO der Berndt und Partner Group. Allerdings müsse die Verpackungsbranche diese Chance noch mehr erkennen und nutzen. Auch beim Thema Digitalisierung bestehe Nachholbedarf. 

Beim Thema Nachhaltigkeit sei die Verpackungsbranche noch zu langsam unterwegs, sagt Thomas Reiner, CEO der Unternehmensberatung Berndt und Partner Group. Beim Deutschen Verpackungskongress des Deutschen Verpackungsinstituts (dvi) sprach er über die Themen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Die Gründe sind dem Experten und Insider der Branche bekannt: Markenartikler haben großen Kostendruck. Die Bedingungen sind nicht einfach. Speziell beim Kunststoff gebe es eine Lücke zwischen dem, was sich die Industrie vorgenommen habe und dem, was erreicht worden sei. „Davon, 70 Prozent des Kunststoffs im Kreislauf zu halten und bis 2025 30 Prozent Rezyklat einzusetzen, sind wir Welten entfernt.“ Bei den Convertern haben nur rund 12 Prozent eine Nachhaltigkeitsstrategie, so Reiner.

Nachhaltigkeit als Türöffner für Personalgewinnung

Dabei sieht Reiner Nachhaltigkeit als Chance und „das größte Wachstumsthema“. Das Thema sei auch ein Türöffner. „Heute kann jeder mit jedem reden, wo früher die Türen zu waren. Wer Nachhaltigkeit mit Innovation verbindet, ist nachweislich profitabler“, so Reiner. Auch Fachkräfte und Nachwuchstalente seien einfacher zu rekrutieren, wenn man sich als nachhaltiges Unternehmen vorstellen könne.

Das Thema Kunststoff bleibe eine Herausforderung. Die Verpackung stehe dabei im Zentrum, da Konsumenten die Nachhaltigkeit eines Produkts über alle Segmente hinweg vor allem an der Verpackung festmachten. Die Lösung sei oft die Paperisation, also die Hinwendung zu Papier – und zwar in einem noch nie gesehenen Ausmaß. Diese Bewegung komme bei den Verbrauchern an, sie gefalle den Investoren und sie rechne sich, nicht zuletzt aufgrund der neuen Abgaben auf Kunststoff, auch finanziell. „Klima wird zum Kernthema, dass wir auf Packungen finden werden. In ein paar Jahren wird kein Markenartikler mehr einen Lieferanten mit negativem Klimafußabdruck akzeptieren.“

Beim Thema Digitalisierung wies Reiner darauf hin, dass sich ganze Mechanismen und Marktlogiken änderten. Auch hier laufe ein disruptiver Prozess. „Wenn Sie eine Disruption haben, haben sie immer einen Versatz. Aktuell sind die Menschen weiter als die Unternehmen. Es geht darum, diese Lücke zu schließen“, so Reiner. Allerdings befinde sich die Verpackungsindustrie beim Thema Digitalisierung sehr weit im Hintertreffen.

Reiners abschließendes Fazit für die Kongressteilnehmer: „Ihr seid im Rampenlicht, egal wo ihr steht. Ihr habt die volle Aufmerksamkeit. Verpackung ist Chefsache geworden. Man wird gehört. Das muss man nutzen. Und wir müssen Vorlauf schaffen, nicht nur reagieren. Wir müssen uns an den Kern erinnern: Die Verpackung ist und war und bleibt Produktversicherung, Identitätsstifter, Innovationsmotor und Nachhaltigkeitsbotschafter. Das sind vier starke Säulen.“

Organisatorisch sei die Aufgabe, Prioritäten zu setzen. Es bringe einem Verpackungshersteller nichts, bei 135 Initiativen mitzumachen. Stattdessen müsse geklärt werden, wo man Leuchtturmprojekte aufsetze, um dort Geschwindigkeit zu gewinnen. „Geben Sie Gas“, gab er den rund 230 Teilnehmenden des Kongresses mit auf den Weg.

dvi-Ehrenpräsidentschaft für Thomas Reiner

Im Anschluss an seinen Vortrag wurde Thomas Reiner von dvi-Vorstandsvorsitzendem Wolf-Dieter Baumann zum Ehrenpräsidenten des dvi ernannt. „Sie waren als Gründungsmitglied von 1990 bis 2018 im Vorstand tätig und hatten von 2006 bis 2018 den Vorstandsvorsitz inne. In dieser Zeit haben Sie die Anzahl der Mitglieder auf mehr als 230 verdoppelt, das dvi nachhaltig geprägt und mit Initiativen wie den Innovationsforen, dem Deutschen Verpackungskongress, der Dresdner Verpackungstagung, PackVision und dem Tag der Verpackung angereichert“, so Baumann in seiner Würdigung. Einen weiteren Preis auf dem Kongress erhielt der Unternehmer Alfred Theodor Ritter. Er wurde für sein Lebenswerk mit dem Dieter Berndt Preis ausgezeichnet.

von Anna Ntemiris

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