Rezyklat ist begehrte Mangelware

Das Deutsche Verpackungsinstitut e. V. (dvi) lud am 2. und 3. Dezember 2021 zu den Digitalen Verpackungstagen. Führende Vertreter aus Wirtschaft, Forschung und Start-ups berichteten am ersten Tag über aktuelle Themen rund um Kreislaufwirtschaft und Rezyklat.

Die Dresdner Verpackungstagung zeigte sich auch dieses Jahr in ihrer virtuellen Form – als Digitale Verpackungstage. „Wir machen aus der Not eine Tugend“, sagte dvi-Geschäftsführer Winfried Batzke. Auf dem Programm standen Kurzvorträge von Experten, und die Teilnehmenden konnten über ein Matchmaking-Tool Kontakt zueinander aufnehmen und ihr Netzwerk ausbauen.

Kreislaufwirtschaft und Recycling

Das virtuelle Format machte es möglich, dass sich Christian Schiller, Gründer und Geschäftsführer der cirplus GmbH aus Finnland zuschaltete, um seinen Vortrag zum Thema „Wie verfügbar sind Rezyklate?“ zu halten. Der Hamburger Software-Entwickler war zeitgleich in Helsinki auf einem Kongress. Die Antwort aus dem Norden war ernüchternd: Derzeit seien Rezyklate Mangelware. Und damit habe seine Firma zu kämpfen, denn Cirplus ist eine digitale Beschaffungsplattform für Rezyklate. Die Firma vermittelt unter anderem zwischen Händlern von Markenartiklern, Produktlieferanten und Recyclingindustrie. „8 von 10 Lieferanten sind auf drei Monate ausverkauft“, berichtete Schiller. Weil sein Unternehmen ein Start-up sei, beanspruche er nicht, repräsentative Aussagen zu machen, fügte Schiller hinzu. Seit Mitte des Jahres meldeten sich vermehrt Kunden, die HDPE-Verpackungen suchten. Während das Verhältnis von Angebot zu Nachfrage im Januar von 80:20 gewesen sei, habe es im November 2021 bei 35:65 gelegen.

Der Handel mit und Einsatz von Rezyklaten seien ein zentraler Ansatz, um die Einlagerung von Kunststoff in der Umwelt und die produktionsbedingten CO2-Emissionen zu senken. Viele Unternehmen, die Kunststoff zur Herstellung ihrer Produkte benötigen, nutzen jedoch Neuware. Grund hierfür: Der Einsatz von Rezyklaten ist teurer und es mangelt an Standards, nachvollziehbaren Stoffströmen und Verlässlichkeit bezüglich der Qualität. Dieses Problem soll durch die Etablierung eines digitalen weltweiten Marktplatzes für Rezyklate und Kunststoffabfälle behoben werden. Cirplus setzt in Zusammenarbeit mit dem DIN e.V. Standards für recycelten Kunststoff und schaffe Transparenz bezüglich Quantität, Qualität und Preis. Dies verringere Transaktionskosten und sorge dadurch für einen wirtschaftlichen Anreiz für den Einsatz von Rezyklaten.

Michael Düsener, Head of Purchase von COMPO gab einen Überblick der Erfahrungen mit dem Einsatz von Rezyklaten für Verpackungen. COMPO ist ein führender Anbieter von Garten- und Pflanzenartikeln. Nachhaltige Verpackungen habe das Unternehmen bereits sehr früh genutzt, weil es mit Dualen Systemen zusammengearbeitet habe, so Düsener. So bestehe eine Verpackung für Blumenerde zu 60 oder 80 Prozent aus recyceltem Kunststoff. Bei solchen flexiblen Verpackung sei die Materialbeschaffung schwieriger. Für die Blumenerde-Verpackung erhielt das Unternehmen aus Münster 2021 den Deutschen Nachhaltigkeitspreis des dvi. In der Produktserie „Öko Balance“ werde nicht nur die Verpackung rein nachhaltig hergestellt, sondern auch Rohstoffe und Produkte seien ökologisch. Sichtbares Zeichen des Produkt sei der Verzicht auf Farbe bei der Verpackung.

Auch Düsener sprach von derzeit schlechter Rezyklar-Verfügbarkeit. Wenn künftig auch Unternehmen aus den Branchen Food, Kosmetik oder Pharma vermehrt Rezyklate nutzen und weniger virgin Plastic im Umlauf sei, dann könnte die Quantität und Qualität von Rezyklat darunter leiden.

Der „Papst der Recyclingtechnologie in Deutschland“, wie ihn Batzke nannte, Dr. Joachim Christiani, Geschäftsführer des Institut cyclos-http stellte Recyclingverfahren auf den Prüfstand. Design for Recycling werde wichtiger, aber auch die anderen Prozessteilnehmer müssten sich „bewegen“, so Christiani. „Der Recycler muss sich auch dem Stand der Technik anpassen“ statt beispielsweise abwaschbare Etiketten in Kaltwäsche zu fordern, um nachhaltigere Prozesse zu ermöglichen. Auf die Frage eines Tubenherstellers, wie er digitale Wasserzeichen wie Holy Grail einschätze, sagte der Experte: „Das ist sehr hoffnungsvoll. Es ist nicht der einzige Weg und wird auch nicht die Lösung sein, aber es wird uns bei vielen Fragen weiterbringen.“ Solche Systeme würden künftig vermehrt kommen, wenn der Handel sie wünsche.

Einen weiteren Bericht über die Dresdner Verpackungstage finden Sie hier.