Avocadostore, Otto und Tchibo testen Mehrwegversandtaschen

Das praxPACK-Forschungsprojekt zu Mehrwegverpackungen im Versandhandel kommt voran. Avocadostore , Otto und Tchibo testen nun RePack-Versandtaschen im Einsatz. Erfahrungen und Ergebnisse sollen systematisch aufbereitet, in eine Online-Toolbox überführt und der E-Commerce-Branche zur Verfügung gestellt werden.

800.000 Tonnen Versandverpackungen pro Jahr, allein in Deutschland: Das ist kein Pappenstiel. „Wenn es im Handel so weitergeht, knacken wir in vier Jahren die Eine-Million-Tonnen-Marke für Versandverpackungsmüll“, mahnt Lisa Rödig vom Hamburger Institut für Ökologie und Politik (Ökopol).

Das Institut koordiniert das in diesem Zusammenhang vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Forschungsprojekt praxPACK. Ziel des Projekts ist die Verbreitung von kreislauffähigen Verpackungen. In einer ersten Praxis-Testphase, die bei Avocadostore, Otto und Tchibo im August 2020 startet, wird das RePack-System ausprobiert. Die RePack-Mehrwegversandtasche besteht aus recyceltem Kunststoff, kann vom Kunden auf Briefgröße zusammengefaltet und über die Post zurückgesendet werden.

Konkrete Ergebnisse bis Anfang 2022 erwartet

Wie können wiederverwendbare Versandtaschen in die eigene Logistik eingeführt werden? Sind sie praktikabel und rentabel? Wie ist die Akzeptanz beim Kunden? Fragen wie diese soll der Testlauf beantworten. Erfahrungen und Ergebnisse sollen systematisch und anwenderorientiert aufbereitet, in eine Online-Toolbox überführt und der E-Commerce-Branche zur Verfügung gestellt werden.

Die Partner, die sich schon 2019 zusammengefunden haben, erwarten bis Anfang 2022 konkrete Ergebnisse. „Ziel ist, umfangreiche Erkenntnisse zu generieren, wie Mehrwegsysteme gestaltet sein müssen, damit sie praxistauglich und wirtschaftlich tragfähig sind, und welche branchenspezifischen und politischen Rahmenbedingungen hierbei unterstützen können“, sagt Till Zimmermann von Ökopol.

Tchibo setzt Schwerpunkt auf Textilversand

Ab Ende August will Tchibo rund 7.500 Einwegversandtüten durch die RePack-Mehrwegtaschen ersetzen. Tchibo will bei diesem Versuchsprojekt hauptsächlich Versandaufträge für Textilien innerhalb Deutschlands berücksichtigen. Die Kunden werden dabei nach einem Zufallsprinzip ausgesucht. Die Akzeptanz des Systems und Verbesserungspotenziale sollen in einer Kundenbefragung ermittelt werden.

„In der Testphase sind einige Punkte entscheidend: Wie gut durchläuft die Mehrwegtüte die logistischen Prozesse? Welche Auswirkungen verursacht die Mehrwegtüte am Packplatz? Und nicht zuletzt: Werden die Kunden die Mehrwegtüten auch zurücksenden? Wir sind sehr gespannt auf die Reaktionen und hoffen auf eine gute Mitarbeit unserer umweltbewussten Kunden,“ sagt Alexander Ralfs, Director Supply Chain Management & Logistics bei Tchibo.

Avocadostore will RePack als Option anbieten

Der Online-Marktplatz für Eco Fashion und Green Lifestyle will im Rahmen des Projektes eine Vorreiterrolle für seine Labels einnehmen und unter den 4.000 Marken Mehrwegversandtaschen etablieren. Ab Mitte August soll es losgehen: Der Marktplatz plant bis zu 2.000 Eigenhandelspakete im Bereich Eco Fashion mit dem RePack-Mehrwegsystem zu versenden.

Avocadostore wird seinen Kunden die Mehrwegversandtasche als Option beim Check-Out-Prozess anbieten. Sollte sich der Kunde dafür entscheiden, nimmt er für die umweltfreundlichere Versandlösung einen Aufpreis in Kauf. Darüber hinaus will das Unternehmen noch gezielte Fokusgruppen mit Kunden bilden, um weitere qualitative Daten erheben zu können.

Otto prüft Mehraufwand

RePack verfügt bereits in einem kleinen Maßstab über ein funktionierendes Kreislaufsystem, heißt es bei Otto. Man teste den Einsatz in den bestehenden Prozessen sowie die Nutzungsakzeptanz bei den Konsumenten. Eine wichtige Frage sei unter anderem, welche Hürden der Logistikpartner Hermes Fulfilment mit dem Einsatz der RePack-Taschen über den gesamten Logistikprozess nehmen müsse.

Der Mehraufwand sei nicht von der Hand zu weisen – vor allem dann, wenn ein Mehrwegsystem im großen Stil etabliert werden sollte. Es würden zusätzliche Fahrzeugkapazitäten und Strukturen benötigt und auch in den Logistik- und Versandzentren entstünde zusätzliche Arbeit durch die Wiederaufbereitung. Im ersten Test setze man auf den guten Willen und die Kooperationsbereitschaft der Kunden. Eine Dauerlösung könne das aber nicht sein. Langfristig müsse über ein einheitliches Pfand- und Rückführungssystem nachgedacht werden.