Cobots als Kollegen

Neue Roboter und moderne Sicherheitstechnik machen möglich, dass Mensch und Maschine eng zusammenarbeiten. Cobots heißen die Maschinen, die eine solche Zusammenarbeit erleichtern. Für die Verpackungsbranche bieten sich interessante Anwendungsmöglichkeiten.

Mit einem Roboter Seite an Seite arbeiten? Bei Nestlé ist das im „Chocoladenwerk“ in Hamburg und dem Thomy-Werk in Neuss schon Alltag. Hier sind „Cobots“ im Einsatz – Roboter, die auf die Arbeit mit und neben ihren menschlichen Kollegen spezialisiert sind. „Sie verpacken und verladen beispielsweise Schokolade von After Eight oder Senftuben von Thomy“, erläutert Technik-Vorstand Alexander Knoch. „Für den Einsatz von Cobots entwickeln wir Standort übergreifend Konzepte.“ Die Erfahrungen seien bisher positiv. „Gerade wenn es um niedrige Geschwindigkeiten, leichtere Gewichte oder enge Platzverhältnisse geht, sind die Cobots für uns ein effizientes Mittel“, sagt Knoch. In Zukunft könnten Cobots noch weitere manuelle Aufgaben übernehmen. „Dank der Cobots können wir damit nicht nur effizienter und wirtschaftlicher produzieren, sondern verbessern auch die ergonomischen Arbeitsbedingungen für unsere Mitarbeiter.“

Neue Sicherheitssysteme

Lange Zeit mussten Roboter aus Sicherheitsgründen von Menschen fern gehalten werden. Zu groß war die Gefahr, dass sie Mitarbeiter verletzen. Neue Sicherheitssysteme, intelligente Systeme, kleinere Roboter und empfindlichere Sensoren haben es nun möglich gemacht, dass die Schranken fallen und Mensch und Roboter tatsächlich wie Kollegen nebeneinander arbeiten können. Während die herkömmlichen Industrieroboter große Lasten tragen können, aber gleichzeitig viel Platz und viel Zeit für die Implementierung brauchen, punkten die Cobots mit geringem Platz und schneller Implementierung. Ein mögliches Einsatzgebiet ist beispielsweise das Co-Packing. Mensch und Roboter stehen nebeneinander und packen ein. Der Roboter kann aber auch Aufkleber anbringen oder Sets zusammenstellen.

Kooperativ oder kollaborativ?

Es war nur eine Frage der Zeit, bis in der Verpackungsindustrie etablierte Unternehmen das Thema Cobots für sich entdeckten. Die Gerhard Schubert GmbH hat hier ein neues Geschäftsfeld erkannt. Die Firma baut eigentlich Anlagen. Doch von Kundenseite mehrten sich die Fragen nach flexibel einsetzbaren Cobots, ein völlig neues Feld für die Crailsheimer. Ein Team von zehn jungen Ingenieuren wurde zusammengestellt, vom übrigen Unternehmen weitgehend organisatorisch getrennt. „Wir arbeiten wie eine Art Start-up“, sagt Volker Haaf, Strategy und Marketing – Kooperative Robotik, der das Projekt betreut. Dabei war es zuerst wichtig, herauszufinden, was die Kunden eigentlich unter einem Cobot verstehen. Zwei Ansätze standen im Raum: Ein kooperativer und ein kollaborativer Roboter. Während kooperative Roboter mit Menschen in einer Linie arbeiten aber nicht gemeinsam an einer Sache, geht es bei kollaborativen Robotern genau darum, dass Mensch und Roboter zusammenarbeiten. „Im Fahrzeugbau gibt es das zum Beispiel, wenn der Roboter dem Menschen ein Bauteil hinhält und der Mensch daran Schrauben festzieht“, sagt Haaf.

Besondere Anforderungen in der Verpackungsbranche

Doch in der Verpackungsbranche gelten andere Anforderungen. Die gemeinsame Arbeit an einer Sache spielt nur eine untergeordnete Rolle. „Hier möchte ich, dass der Roboter eine repetitive Aufgabe übernimmt, die vorher ein Mensch machen musste“, erklärt Haaf. Ob Kappen auf Lippenstifte zu setzen oder eine Schachtel mit Keksen zu befüllen ist: Wichtig ist dabei, dass Mensch und Roboter grundsätzlich nebeneinanderstehen können, ohne dass der Roboter den Menschen verletzt. „Gleichzeitig müssen aber auch die Taktzahlen stimmen“, sagt Haaf. Hier haben normale kollaborative Roboter noch ihre Probleme. Aus Sicherheitsgründen arbeiten sie grundsätzlich mit gedrosselter Geschwindigkeit. Bei der Palettierung mache das nichts aus, in anderen Produktionsstrecken reicht das aber nicht. Ein Mensch schafft etwa 40 Takte pro Minute. Der neue Roboter von Schubert soll bis zu 80 Takte schaffen. Besondere Sicherheitssysteme sorgen dafür, dass der Roboter langsamer wird oder sogar stillsteht, je näher ihm ein Mensch kommt.

Prototyp „tog.519“

Der tog.519, so heißt der Cobot, wird mit fünf Testkunden weiterentwickelt. Er ist ausgestattet mit unterschiedlichen Kameras und einer intelligenten Bilderkennung. Mit wenig Training erkennt der Roboter, welchen Gegenstand er bearbeiten soll. Wie das geschieht, hängt natürlich auch mit dem Werkzeug zusammen, das am Roboter angebracht ist, Sauger etwa oder Greifer. So kann er zum Beispiel Deckel greifen und auf ein Behältnis schrauben. Er kann aber auch Produkte, die wild übereinander liegen, vereinzeln oder eine Ordnung wiederherstellen.  Viele Aufgaben, für die der tog.519 geeignet ist, waren und sind auch mit herkömmlichen Anlagen umsetzbar. „Unsere Kunden wollten aber auch eine flexiblere Lösung Für manche lohnt es sich nicht, eine optimierte Anlage zu kaufen. Gerade dann, wenn es um kleine Losgrößen oder häufig wechselnde Produkte geht“, sagt Haaf. Lieferungen werden immer individueller, das Saisongeschäft fordert schnelle Wechsel in der Produktion. Hier muss der Verpackungsprozess mithalten können. „Der Vorteil ist, dass der Roboter ganz unterschiedlich eingesetzt werden kann und vor allem immer dort, wo vorher ein Mensch gearbeitet hat.“

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