Jeder Tag ein Anlass zum Kaufen

Fruchtgummis mit Gruselmotiven zu Halloween oder Schokolade mit Fußballern auf der Verpackung: Hersteller und Handel setzen auf den anlassbezogenen Einkauf.

Wer den Valentinstag bisher ignoriert, der kann sich den 11. November vormerken: Der Handel feiert den Singles‘ Day. Dass an diesem Tag für Karnevalisten die fünfte Jahreszeit beginnt und Kinder mit ihrer Laterne an St.-Martin-Umzügen teilnehmen, ist wohl eher Zufall. Denn der Singles‘ Day kommt aus China: Das Land begeht mit diesem Tag den wichtigsten Online-Einkaufstag des Jahres. Ursprünglich galt der 11.11. in China als Tag für Alleinstehende, weil das Datum nur aus Einsen besteht. Händler wie Alibaba – Amazons härtester Konkurrent – nutzten dies für Rabattaktionen. Auch in Europa feiern Händler inzwischen diesen Tag. Das Kosmetikunternehmen Douglas bewirbt Aktionen mit dem Titel „Happy Singles Day“, verschickt Rabatt-Gutscheine  und verspricht für diesen Tag im Online-Handel Beauty-Überraschungen.

Occasion-Based-Shopping nimmt zu

Occasion-Based-Shopping heißt der anlassbezogene Einkauf in der Marketingwelt. Und die Anlässe nehmen zu, auch wenn das Jahr immer noch 365 Tage hat. 40 Prozent aller Einkäufe haben einen Anlass, hat eine Studie des Marktforschungsinstituts GfK herausgefunden. In der Studie wird zwischen Feiertagen und saisonalen Festen sowie saisonalen Anlässen und ganzjährigen Anlässen unterschieden. Die Zahl der Feiertage nimmt zu: Fast jeder Tag des Jahres hat mittlerweile mehr als eine Bedeutung, der 11. November ist nur ein Beispiel. Für Tierliebhaber ist der Weltkatzentag am 8. August oder der Welthundetag am 10. Oktober ein Anlass, um ihren Vierbeinern ein neues Leckerli oder Spielzeug zu kaufen.

Seit einigen Jahren hat sich Halloween am 31. Oktober zu einem neuen Verkaufs-Trend entwickelt. Das bestätigt auch der Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie. Der Süßwarenhersteller Haribo verkauft zum Beispiel farbiges Fruchtgummi mit Gruselmotiven in schwarzer Verpackung, für bestimmte Mengen gibt es die Gratis-Kürbistasche dazu. Der Kostüm-Martkführer Deiters aus Köln setzt mit Produkten und Events auf den Halloween-Trend, der sich nach Karneval zum verkaufsstärksten Event in den Filialen sowie im Online-Geschäft entwickelt habe. „Halloween ist mittlerweile einer der wichtigsten und beliebtesten Party-Tage überhaupt im Jahreskalender“, sagt Björn Lindert, Geschäftsführer der Deiters GmbH, auf Anfrage. „Es gibt im Kostümbereich immer mehr Events“, sagt er. Kunden fragen zum Beispiel nach Spaß-Artikeln für den Aprilscherz, die Abi-Gags oder das richtige Outfit für das Oktoberfest, erklärt er. Für die Kostüm-Klassiker-Tage – Karneval – hat sich auch der Süßwarenhersteller Ferrero etwas einfallen lassen. Allerdings nur für Großbritannien. Dort feiert man den Fastnachtsdienstag auf spezielle Weise: Dieser wird hier wie in Teilen Europas mit Pfannkuchen oder frittierten Lebensmitteln gefeiert. Mit der jährlich wiederkehrenden Kampagne „Pancakes love nutella“ greift Ferrero UK das Thema auf. 2018 stand die Kampagne vor der Herausforderung, dass der Valentinstag direkt auf den Pfannkuchen-Tag folgte. Für Ferrero galt es somit, sich gegenüber den beliebten Valentinstag-Aktionen im Handel zu behaupten, um Stellfläche zu sichern. Zudem sollten die Shopper aktiviert werden, sich vor dem Tag der Verliebten noch schnell mit einem Glas Nutella einzudecken. Dazu wurde ein Display der STI Group für Ferrero UK entwickelt.

Als neue verkaufsstarke Tage in Deutschland – insbesondere bei jungen Leuten und Familien – nennt Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), Halloween und bei den Onlineshoppern Black Friday (dieses Jahr am 23. November) sowie Cyber Monday (26. November). Doch Weihnachten bleibt der stärkste Anlass für Einkäufe, sagt Genth. Davon profitieren auch die Süßwarenhersteller. Der Schokoladenhersteller Alfred Ritter GmbH & Co. KG sieht Weihnachten als einen sehr wichtigen „Anlass“, erklärt Bianca Kulik von der Pressestelle auf Anfrage.

Verpackung transportiert Stimmung

Dazu hat das schwäbische Familienunternehmen für diese Saison neue Verpackungsideen entwickelt. Premiere feiert in diesem Jahr die Motiv-Auswahl der Ritter Sport Weihnachtspost. Zum ersten Mal hatten Verbraucher die Möglichkeit, via Facebook und Blog über ihr Lieblings-Motiv abzustimmen und mitzuentscheiden, welches Verpackungs-Design das Sortiment der Weihnachtspost am Ende komplettiert. Insgesamt stehen nun drei verschiedene Motive mit individuellen Sprüchen zur Verfügung. Dabei setzt ein Spruch auf den Trend zum Nicht-Schenken beziehungsweise auf den Konsum-Verzicht: „Für den Fall, dass wir uns doch was schenken“. Die Rückseite der Päckchen bietet Platz für ein paar persönliche Zeilen. „Die Verpackung ist eine unserer wichtigsten Kommunikationsflächen und insbesondere bei Anlässen wie Weihnachten trägt sie dazu bei, die Stimmung zu transportieren und das Produkt aufzuwerten, zum Beispiel mit weihnachtlicher Bildsprache und stimmiger Farbwelt“, so Kulik. Oft gebe die Verpackung einem Geschenkartikel auch „einen gewissen Mehrwert durch einen Zusatznutzen wie unsere Ritter Sport Weihnachtspost mit Platz für eine individuelle Botschaft“.

In Form einer Küchenarbeitsplatte mit Kochfeld und 3D-Elementen wie Bratpfanne, Pfannkuchen und Nutella-Glas stellt der Bodenaufsteller eine Haushaltsszene stilecht nach. Das Plakat mit beweglich aufgesetztem Pfannkuchen direkt über der Pfanne zieht bereits von weitem die Blicke auf sich und lädt zum Zugreifen ein. Rote Herzen bilden die Brücke zu dem begehrten Valentinstag und schaffen Shopper-Aktivierung. Flachliegend verpackt punktet die Lösung außerdem mit einem einfachen Handling und schnellem Aufbau vor Ort.

 

„Das Display ist perfekt auf Produkt und Anlass abgestimmt, das Design nimmt Bezug auf unser Produkt und schafft die direkte Verbindung zum Pfannkuchen-Tag“, erklärt Sherry Siganporia, Shopper Marketing Manager Nutella bei Ferrero UK. „Das Display hat unsere hohen Erwartungen noch übertroffen. Es setzt Nutella nicht nur besonders charmant in Szene, sondern verkauft auch erfolgreich Produkte ab – der Call-to-action am Point of Sale hat für uns ausgesprochen gut funktioniert.“  Die Juroren des POPAI UK & Ireland Awards zeichneten die Lösung für gutes Storytelling und Markenvisualisierung mit einem Silber-Award aus.

Nestlé setzt auf den Trend zum Schenken

„Gifting“ (auf Deutsch „Schenken“) ist bei saisonalen Süßwaren ein Trend, erklärt David Klöckner-Molitor, Marketingdirektor Süßwaren bei Nestlé Kaffee und Schokoladen GmbH. Feiertage wie Nikolaus oder Weihnachten werden als Anlass genutzt, um Süßwaren als kleine Aufmerksamkeit zu verschenken. „Nestlé will diesen Trend zukünftig noch mehr bedienen“, sagt David Klöckner-Molitor. Nestlé fokussiere sich dabei auf Weihnachten und Ostern. Die Gestaltung der Verpackung spiele bei Saisonware eine große Rolle. Das Geschäft mit saisonalen Süßwaren sei impulsgetrieben, da viele Kaufentscheidungen vor Ort gefällt werden. „Großen Erfolg bei saisonalen Süßwaren haben wir vor allem, wenn drei Aspekte zusammenfallen: Gifting – also wenn sich das Produkt gut zum Verschenken eignet, eine innovative Variation eines bereits sehr beliebten Produktes und ein ansprechendes Verpackungsdesign.“ Ein Beispiel sind weihnachtliche Hohlfiguren: Während Weihnachtsmänner im Umsatz stabil bleiben, sind andere Figuren ein dynamischer Wachstumstreiber. Neu von Nestlé gibt es daher die Pinguin-Hohlfigur von Smarties. Bei KitKat hat sich Nestlé für einen Eisbären mit Snowboard entschieden, um Jugendliche anzusprechen.

Andere Beispiele für anlassbezogene Süßwaren-Käufe waren im Sommer 2018 anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft festzustellen. Gut ein Drittel der Einzelhändler hatte spezielle Artikel zur Fußball-WM im Sortiment, erklärt HDE-Geschäftsführer Genth. Der Süßwaren-Riese Ferrero hat zur WM Produkte in limitierten und originellen Verpackungen präsentiert. So zierten in der Stars-Edition Kinderbilder von Fußballnationalspielern die Verpackungen der Kinder Schokolade. Zur WM brachte Ferrero auch den tic tac-„DFB-Team Pack“ in den Handel. Die Dragees sind mit den Gesichtern von 21 Nationalspielern sowie Bundestrainer Joachim Löw bedruckt. Auf jeder Packung befand sich auch ein Code für ein Online-Gewinnspiel: In diesem Fall erfüllte die Verpackung also mehrere Zwecke.