Wie Verpackungsdesign Lebensmittelverschwendung verringern kann

Auf allen Stufen der Wertschöpfungskette werden Nahrungsmittel verschwendet oder gehen verloren, Hauptort der Lebensmittelvernichtung ist aber der Konsumentenhaushalt. Unzulängliche Verpackungen sind Teil des Problems – und damit der Lösung.    

Mehr als eine Milliarde Tonnen Lebensmittel landen Schätzungen zufolge weltweit auf dem Müll. Das ist ein Drittel der gesamten Nahrungsmittelproduktion. Auch beim Produktions- und Verteilungsprozess entstehen Verluste, eine Schlüsselrolle spielt aber das letzte Glied der Versorgungskette – insbesondere in den wohlhabenden Industrieländern. Sprich: Je reicher ein Land, desto mehr Essen werfen die Bürger weg.

Abfälle lassen sich schwer messen. Eine Studie der Universität Stuttgart, die 2019 vorgestellt wurde, wertet aber die verfügbaren Abfallstatistiken anhand spezifischer Koeffizienten zu den Anteilen an Lebensmitteln in den Abfallströmen für das Jahr 2015 akribisch aus. Das Ergebnis: In deutschen Haushalten entstehen jährlich knapp sieben Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle. Die Privathaushalte sind damit für mehr als die Hälfte des gesamten Lebensmittelabfalls von 12,7 Millionen Tonnen verantwortlich. Auf die Landwirtschaft entfallen 1,4 Millionen Tonnen, auf die Lebensmittelverarbeitung 2,2 Millionen Tonnen, auf den Handel 0,5 Millionen Tonnen und auf den Außer-Haus-Verzehr 1,7 Millionen Tonnen.

Knapp die Hälfte des privaten Lebensmittelmülls wäre vermeidbar

Jeder Deutsche wirft im Jahr rund 85 Kilogramm Lebensmittel weg, wovon laut den Studienautoren 37 Kilogramm theoretisch vermeidbar sind. Dabei könnten Verpackungen eine wichtige Rolle spielen. Zwar sind die Gründe für die hohen Zahlen an privatem Lebensmittelmüll vielfältig – mangelnde Einkaufsplanung, stressiger Alltag mit unregelmäßigen Mahlzeiten, fehlender Überblick über Kühlschrankinhalt und Vorräte, unsachgemäße Lagerung etc. doch trägt auch die Art der Verpackung dazu bei.

So bedeuten große Packungsgrößen oft mehr Inhalt als Ein- oder Zwei-Personen-Haushalte verbrauchen können. Zudem sind viele Lebensmittelverpackungen nicht wiederverschließbar oder reißen schon beim ersten Öffnen großflächig auf, sodass der Inhalt nicht mehr ausreichend gegen Licht und Sauerstoff geschützt ist.

Produkte vor Verderb schützen, Verbraucher besser informieren

Ebenfalls problematisch sind schwer zu leerende Verpackungen oder solche, die zwar leichtgewichtig sind, aber beim Transport nach Hause schnell beschädigt werden können. Fehlende Lagerungshinweise auf Verpackungen können dazu führen, dass Konsumenten sie zu warm oder zu kalt lagern und der Inhalt vorzeitig entsorgt werden muss. Und schließlich führen auch unklare Datumsangaben (Produktionsdatum/MHD) nicht selten dazu, dass Verbraucher ein Produkt unnötig entsorgen.

Die gute Nachricht ist also: Stellschrauben gibt es reichlich. Bis zu 25 Prozent des Lebensmittelmülls in den Privathaushalten könnten mit besserer Verpackung vermieden werden, schätzt der schwedische Verpackungsspezialist und Unternehmensberater Felix Helander. Verpackungen können so maßgeblich dazu beitragen, das Ziel der Vereinten Nationen, die Lebensmittelverschwendung pro Kopf im Einzelhandel und bei den Verbrauchern bis 2030 zu halbieren, zu erreichen.

Verpackungen müssen besser an Bedarf und Inhalt angepasst werden

Die Verpackungsindustrie muss besser beziehungsweise besser auf den tatsächlichen Bedarf abgestimmte Lösungen bieten, und Hersteller und Handel diese auch nutzen. Dies umfasst:

  • wiederverschließbare Verpackungen (Drehverschluss, Zipper oder selbstklebende Folienverpackungen zum Beispiel bei SB-Wurst und Käse)
  • leichtere Entleerbarkeit (entweder durch Anleitung auf der Packung oder durch Verpackungseigenschaften wie Zusammenfaltbarkeit)
  • Verpacken unter Schutzatmosphäre, um die Haltbarkeit des Produktes zu verlängern
  • Einsatz von Barrierematerialen/-folien, die undurchlässig für Licht und Sauerstoff sind
  • kleinere Packungsgrößen
  • eindeutige Hinweise zu sachgemäßer Lagerung und Haltbarkeit des Produkts
  • zukünftig intelligente Produktetiketten, die Zeit und Temperatur aufzeichnen und Reife und Frische bei Obst und Gemüse, Fleisch und Fisch anzeigen

Konflikte mit anderen ökologischen Zielen

Einzelne Punkte können dabei im Widerspruch zu anderen ökologischen Zielen stehen. So hat der Einsatz von Barrierefolien zur Folge, dass Verpackungen schwer recycelbar sind. Auch die Reduzierung von Packungsgrößen läuft zunächst dem Ziel der Müllvermeidung zuwider. Hier ist der Konflikt aber lösbar, wenn Hersteller ein Produkt weiter auch in größeren Einheiten anbieten. So ist zum einen sichergestellt, dass kleine Haushalte nicht mehr Produkt kaufen als sie verbrauchen können, große Familien aber nicht drei Einzelpackungen mit entsprechendem Verpackungsmüll kaufen müssen.

Der Konflikt zwischen reduzierter Verpackung und besserer Haltbarkeit lässt sich aber nicht in jedem Fall so eindeutig lösen. Klassiker ist hier die Salatgurke, die ohne Schrumpffolie rund drei, mit Folie bis zu 14 Tage haltbar ist. Hier müssen Produzenten und Handel im Einzelfall entscheiden.