Wo Vegan draufsteht, muss vegan drinstehen

Vegane Lebensmittel erfreuen sich steigender Beliebtheit. Entsprechende Produkte werden als vegan gekennzeichnet, bislang schließt dies aber die Verpackung aus.

Im Jahr 2021 produzierten die Unternehmen in Deutschland 97.900 Tonnen Fleischersatzprodukte, im Vergleich zum Jahr 2019 wuchs die Produktion um 62,2 Prozent. Der Wert dieser Produkte betrug 2021 458,2 Millionen Euro. Das ist wenig im Vergleich zum Wert des im gleichen Jahr in Deutschland produzierten Fleischs und der Fleischerzeugnisse in Höhe von 35,6 Milliarden Euro. Gleichwohl sind vegane Produkte im Trend, das zeigt das Beispiel Rügenwalder Mühle: Der Fleisch- und Wurstspezialist hat 2021 erstmals mehr Umsatz mit vegetarischen und veganen Produkten gemacht als mit Wurst und Fleisch. An Veganuary, der veganen Neujahrs-Challenge, bei der Menschen einen Monat lang eine rein pflanzliche Ernährung ausprobieren, haben laut einer aktuellen YouGov-Umfrage bereits mehr als drei Millionen Erwachsene in Deutschland teilgenommen.

Große Handelsketten bieten dann eine Vielzahl an Aktionen und Sonderangeboten sowie neuen Produkten. Letztere sind oft mit dem V-Label gekennzeichnet, einer international geschützten Marke für vegetarische und vegane Produkte und Dienstleistungen. Dies heißt jedoch nicht, dass auch die Verpackung vegan ist. Dazu müsste im gesamten Herstellungsverfahren auf tierische Produkte und entsprechende Bestandteile verzichtet werden. Dass dies nicht selbstverständlich ist, erklärt der Fachgroßhändler Igepa am Beispiel von Kartons: Hier werde die Oberfläche des Fasermaterials Holz meist geleimt – etwa, um die Nassfestigkeit zu erhöhen oder das Papier leicht einzufärben. Der Leim aber kann ein tierisches Produkt sein, wenn – was oft der Fall ist – Gelatine, Kasein oder Glutin, also Knochenleim aus tierischen Abfallprodukten zur Herstellung verwendet werden.

Pionier veganer Verpackung

Als Pionier veganer Verpackungen kann Heinrich Buhl bezeichnet werden. Bereits 2015 hat das Verpackungsunternehmen vegane Faltschachteln, Produktkarten oder Blisterkarten hergestellt: Vegane Produkte wie zum Beispiel Naturkosmetik, Haarbürsten, Zahngel und Vitamintabletten sollten auch in veganen Verpackungen zum Kunden kommen, weshalb hier Klebstoffe verwendet wurden, die frei von Glutin und Kasein waren.

„Das Thema vegane Verpackungen war ein Testballon von uns, ob es Bedarf in dem Markt gibt“, sagt Geschäftsführer Henning Buhl. Grundsätzlich müsse für die Herstellung von veganen Verpackungen nur die Rohstofflinie nach den entsprechenden Substanzen und Bestätigungen abgefragt werden.

Das sei somit kein „Hexenwerk“. 2015 habe der Markt im Segment Non-Food jedoch noch kein Interesse gehabt. Heute verfolge Heinrich Buhl das Thema nur noch bei konkreten Anfragen. „Ich denke, im Bereich Food, Kosmetik und Pharma ist der Bedarf deutlich höher. Diese Segmente beliefern wir jedoch wegen der rechtlichen Anforderungen bewusst nicht.“

Seit Lizenzierung des ersten veganen Produktes im Jahr 1990 hat The Vegan Society 65.000 Vegan Trademarks vergeben. Eine Verpackung wurde jedoch erstmals im April 2022 entsprechend etikettiert. Lizenznehmer war Smurfit Kappa. Das Verpackungsunternehmen hat die Kriterien für seine veganen Verpackungen klar definiert. Demnach müssen alle Produkte mit dem Vegan Trademark unter Verwendung von Papier, Leim, Stärke und Druckfarben hergestellt werden, die alle von umweltbewussten Lieferanten stammen und frei von tierischen Produkten sind. Bislang, so Smurfit Kappa, sei die Resonanz dürftig. „Viele Unternehmen bemühen sich, Produkte herzustellen, die von der Vegan Society als vegan zertifiziert sind, verpacken diese dann aber in Kartons und Beuteln, die nicht denselben Richtlinien entsprechen.“

Sealed Air hat als zweites Unternehmen Verpackungen als vegan zertifizieren lassen: Das Sealappeal-Sortiment der Marke Cryovac erhielt im September 2022 von der Vegan Society das Prädikat, die entsprechende Lizenzierung der Vakuum-Skin-Verpackungen der Marke Cryovac Darfresh soll folgen.

Eine Preisfrage?

Das 2015 entwickelte Sealappeal-Sortiment enthält keine tierischen Derivate undbietet nach Angaben des Unternehmens PETHochbarrierefolien für alternative Proteine. Frédérique Brement, Marketing Communications Manager Germany bei Sealed Air, erklärt, dass sich bei Verpackungen tierische Derivate in Polymeradditiven befinden können. „Aus diesem Grund ist die Veganverträglichkeit in unseren Anforderungen verankert und wird daher bei der Auswahl unserer Kunststofflieferanten berücksichtigt.“

Sealed Air wolle einen Teil der bestehenden Rezepturen, etwa bei Schalenabdeckfolien, auf vegane Kompatibilität umstellen. Inwiefern sich durch die Anpassung auf die anspruchsvollen veganen Kriterien auch die Kosten der Verpackungen erhöhen, wollte Brement nicht konkretisieren, räumte aber ein: „Materialien ohne tierische Derivate können teurer sein als Standardpolymere.

von Wolfgang Borgfeld