Markenhersteller setzen auf erfahrene Co-Packer

Schokolade, Shampooflaschen, Schmerztabletten: Wenn namhafte Hersteller von Süßwaren, Kosmetika oder Arzneimitteln ihre Produkte veredeln, verpacken oder vertreiben, überlassen sie dies oftmals spezialisierten Lohnverpackern.

Der Grund für Co-Packing ist einfach: Im zunehmenden Wettbewerb schafft das Outsourcen von einzelnen Produktionsschritten zusätzliche Flexibilität sowie finanzielle und organisatorische Spielräume, etwa wenn es saisonbedingt oder sehr plötzlich mehr Aufträge oder weniger Personal gibt. Das beauftragende Unternehmen kann sich auf sein Kerngeschäft konzentrieren, beispielsweise auf die Entwicklung des Produkts. Produkte müssen manchmal schneller zur Marktreife gelangen, und das bei schnell wechselnden Marktbedingungen. So gab es für manche Hersteller von Konsumgütern aufgrund der Corona-Pandemie plötzlich die Notwendigkeit, mehr zu produzieren oder die Verpackungsgrößen zu verändern. In Zeiten von Fachkräftemangel können Dienstleister Bedarfsspitzen entschärfen oder die Voraussetzung für einen regelmäßigen Grundbetrieb sicherstellen.

Kosten spart der Auftraggeber vor allem in der Administration und Arbeitsvorbereitung. Es entfallen unter anderem auch Ausrüstungs-, Schulungs- und Personalkosten sowie Investitionen für Betriebsmittel und Räumlichkeiten.

Vor allem Konsumgüterhersteller bevorzugen es zudem, Aktionsangebote -wie zum Beispiel Special Editions, Weihnachtsgeschenk-Verpackungen oder individuelle Verpackungen, die ein Wachstumssegment sind, an Co-Packer abzugeben. Der Dienstleister kümmert sich um die Zweitplatzierung im Handel. Eine Display-Aktion und die besondere Verpackung am Point of Sale verhelfen dem Markenhersteller, insbesondere bei der Einführung neuer Produkte aufzufallen und damit zu mehr Umsatz.

Viele Unternehmen, die auf Lohnverpackung spezialisiert sind, bieten Co-Packing-Lösungen für fast alle haltbaren Erzeugnisse an. Das Leistungsspektrum umfasst zum Beispiel das Umfüllen und Portionieren von Produkten, deren professionelle Aufbereitung, sowie den Vertrieb und Verkauf, einschließlich Etikettieren, Banderolieren und Konfektionieren. Die meisten Unternehmen haben erkannt, so eine Umfrage der European Co-Packers Association, dass der Komplettservice überlebenswichtig ist.

„Lohnverpackungen sind ein unsichtbarer Teil vieler Unternehmen“, erklärt ein Dienstleister, der für Lebensmittelproduzenten per Werksvertrag Personal zur Verfügung stellt oder logistische Unterstützung im Ausland – etwa mit der Vermietung von Lagerhallen in Rumänien – anbietet. Der Markt von Lohnverpackern ist insgesamt unübersichtlich, der Begriff Co-Packing ist nicht eindeutig definiert.  Es gibt viele Möglichkeiten, saisonweise Verpackungsarbeiten auszulagern und viele große und kleine Dienstleister von Unternehmensgruppen bis hin zu Start-ups mit den unterschiedlichsten Angeboten. Auch logistische Dienstleistungen wie Fulfillment fallen unter den Begriff Co-Packing.

Gut aufgestellte Dienstleister können ihre Stärken wie umfassenden Service – von der Beratung über den Rohstoffeinkauf bis hin zu Qualitätssicherung und Vertrieb – in den unterschiedlichsten Branchen zeigen. Jedoch gibt es nur wenige Unternehmen, die Co-Packing als Kerndienstleistung anbieten. Zu diesen Unternehmen gehört die Packservice Gruppe aus Karlsruhe, die seit Jahren für Pharmafirmen und Markenhersteller wie zum Beispiel L’Oréal tätig ist.

„Um als Co-Packer in der Champions League spielen zu können, muss man eine hohe Stress-Resilienz mitbringen. Unsere Markenkunden erwarten ein Höchstmaß an Flexibilität. Um Aufträge termingerecht abwickeln zu können, müssen permanent Kapazitäten vorgehalten werden. Sowohl in Fläche und Personal als auch hinsichtlich des Maschinenparks und des Kapitals“, erklärt Oliver Fischer, operativer Geschäftsführer der Packservice Gruppe für Deutschland und die Schweiz. Es bedürfe nicht nur einem gut geschulten Produktionsteam, sondern auch einer Führungsmannschaft mit Erfahrung in der Abwicklung von komplexen Kundenprojekten. Dazu gehöre beispielweise umfassendes Know-how im Logistikmanagement und Expertise im Bereich Verpackungsentwicklung.

Anhand der ersten Corona-Welle lassen sich Beispiele für besondere Anforderungen zeigen, auf die erfahrene Lohnverpacker schnell reagieren mussten. Produkte wie Nudeln oder Toilettenpapier wurden direkt in den Handel geliefert und fielen daher auch aus der Zweitplatzierung heraus. Das Karlsruher Unternehmen beobachtet seit Corona Verschiebungen bei Kosmetikprodukten. Seit der Maskenpflicht werden mehr Lidschatten und Mascara, weniger Lippenstifte gekauft.

„Für uns als Dienstleister ist es wichtig, schnell auf den Markt reagieren zu können. Dadurch können im Bestfall auch neue Segmente erschlossen werden“, sagt Fischer. Die Unternehmemstochter Flexpack, Spezialist für Verpackungsmaterialien und Umverpackungen aus Wellpappe, hat beispielsweise ihr Sortiment stark erweitert und beliefert Kunden mit FFP2-Masken, Desinfektionsmittel und Schnelltests.

Anwendungsbeispiele für Nachhaltigkeit

Aktuell stehen ökologische Themen bei den Kunden ganz oben auf der Agenda. „Wir unterstützen unsere Kunden dabei die Ziele ihrer Nachhaltigkeitsstrategie zu erreichen. Dabei setzen wir beispielsweise auch neue Materialien wie Graspapier ein. Für einen namhaften Kosmetikhersteller haben wir beispielsweise die ersten Sleeves aus Graspapier erfolgreich im Handel getestet. Eine Alternative zum klassischen Doppelpack mit Kunststoff-Banderole“, sagt Fischer. Trotz seiner rauen Oberfläche lasse sich beispielsweise das Graspapier gut bedrucken, allerdings habe es einen grünen Stich und eine grobe Faserstruktur. Diese Merkmale müssen beachtet werden, um ein Druckbild zu erreichen, dass dem Corporate Design des Unternehmens entspricht. „Markenhersteller sind heute bereit den höheren Preis im Vergleich zu herkömmlichen Verpackungsmaterialien zu bezahlen, da es eine hohe Akzeptanz bei den Konsumenten genießt. Sie werben gezielt damit für ihre Verpackungen beispielsweise Graspapier einzusetzen, da nachhaltige Verpackungslösungen beim Verbraucher immer stärker nachgefragt werden“, so Fischer.

CoBots statt Co-Packing?

Im Zuge des rasanten Wachstums Verpackungsbranche, forciert auch durch den E-Commerce-Boom, stellt sich die Frage nach neuen Technologien, die Lohnverpackung ergänzen oder gar ersetzen können. Können CoBots bald Lohnverpackern mehr Arbeit abnehmen? Bislang nicht, bislang werden sie in der Logistik eingesetzt – in Lagerhallen zum Beispiel.

Packservice hat dazu eine deutliche Position. „Bisher war kein Roboter in der Lage, die filigranen und häufig komplexen Tätigkeiten schneller und in derselben Qualität abzubilden“, erläutert Fischer. „Seit vielen Jahren verfolgen wir die Entwicklungen im Bereich CoBots und stehen im Austausch mit Universitäten und Hochschulen. Einige Hersteller waren bereits auf unseren Produktionsflächen, um sich unsere Abläufe anzuschauen.“ Zudem sei der ökonomische Nutzen nicht erwiesen. „Um einen CoBot wirtschaftlich rentabel einsetzen zu können, muss sich ein und derselbe Prozess millionenfach wiederholen. Dies ist bei den individuellen Promotion-Aktionen, die wir für unsere Kunden meist nur über mehrere Tage und Wochen abwickeln, natürlich nicht der Fall.“ Dennoch verfolgt der Lohnverpacker das Thema weiter. Derzeit testet Packservice am Standort in Muggensturm einen Palettier-CoBot.

Von Anna Ntemiris