Kunden fordern Nachhaltigkeit, aber rechnet sich diese auch?

Die HTWK Leipzig bietet den Bachelorstudiengang Verpackungstechnologie und Nachhaltigkeit an, bei dem die Verfahren zur Herstellung von Packmitteln und Packhilfsmitteln sowie die Herstellung von Packungen im Fokus stehen. Prof. Eugen Herzau, Studiendekan Verpackungstechnik, über das Thema Nachhaltigkeit im Maschinenbau.

Welche Rolle spielt das Thema Nachhaltigkeit für Maschinenbauer der Verpackungsbranche?

Das Thema Nachhaltigkeit ist in der Branche angekommen. Maschinenbauer haben in den letzten Jahrzehnten ihre Prozesse verändert. Sie haben Module entwickelt, die Maschinenteile schneller kombinierbar machen. Das hat die Fertigung verändert, aber auch Energieeffizienz, Wartung und Instandhaltung: Maschinen verbrauchen weniger Energie, die Reinigung der Maschine ist einfacher oder erfolgt sogar im laufenden Betrieb (Clean in Process, CIP).

Auch andere Verbesserungen weisen in Richtung Nachhaltigkeit, beispielsweise die Fernwartung. Maschinen werden immer detaillierter mit immer mehr Sensoren ausgestattet, die Fehlerdiagnosesysteme werden immer besser, die Fehlertoleranz immer kleiner, bis hin zu selbst optimierenden Maschinen. Gleichzeitig ermöglichen diese eine effizientere Produktion, in deren Verlauf beispielsweise weniger Abfall entsteht. Da geht die Entwicklung hin.

Die Bandbreite der Maßnahmen ist sehr groß: Schnellere Formatwechsel ermöglichen eine Verkürzung des An- und Abfahrens und reduzieren so die Makulatur. Durch Optimierung der Sauberkeit und einem Betrieb in quasi aseptischen Zustand bleiben die mit den Maschinen verpackten Produkte länger haltbar. All dies sind Faktoren der Nachhaltigkeit.

Die in Richtung Nachhaltigkeit optimierten Maschinen bedienen einen bestimmten Markt. Warum aber veröffentlichen Maschinenbauer Berichte, die die Nachhaltigkeit ihrer eigenen Maschinenproduktion dokumentieren?

Ganz klar: Maschinenbauer müssen von ihren Investitionen in Nachhaltigkeit finanzielle Vorteile haben, sonst riskieren sie ihr Überleben. Das Thema Nachhaltigkeit hat ja nicht nur eine ökologische Dimension, sondern auch eine ökonomische. Als ich 1992 als Professor an die Universität berufen wurde, trat die Verpackungsverordnung in Kraft. Seitdem spielt das Thema Nachhaltigkeit in dieser Branche eine Rolle. Bei den Maschinenbauern ist es im Prinzip genauso wie bei den Konsumenten: Der Kunde ist entscheidend, er muss die ökologischen Faktoren honorieren.

Das Nachhaltigkeitsdreieck wird gebildet aus Ökonomie, Ökologie und sozialem Engagement. Gerade bei letzterem ist viel getan worden: Mitarbeiter haben heute eine bessere Arbeitsumgebung. Und diese wird auch von den Kunden wahrgenommen. Das sind ja oft Markenartikler, die ihrerseits von den Konsumenten in dieser Hinsicht sensibilisiert werden: Wenn die Unternehmen zur Maschinenabnahme in die Firmen kommen und dort eine verölte Werkshalle sehen, dann wirkt sich das negativ auf den Maschinenbauer aus. Und nicht nur deswegen hat sich das sehr verändert: Heute gibt es Montagehallen, da können sie vom Boden essen – dieser Grad an Sauberkeit gehört heute einfach dazu.

Es sind also die Kunden, die die Maschinenbauer beeindrucken wollen. Spielen Nachhaltigkeitsberichte auch bei der Mitarbeiterwerbung eine Rolle?

Absolut! Solch ein Bericht zeigt einem Interessenten, wo er arbeiten wird, was die Firma leistet und ist damit ein Spiegel des zu erwartenden Niveaus und der Überlebensfähigkeit. Wir merken auch in unserem Studiengang, dass das Thema an Bedeutung gewonnen hat: Seit Umbenennung auf „Verpackungstechnologie und Nachhaltigkeit“ ist der Zulauf an Studierenden gestiegen.

Wie werden Absolventen des Studiums in der Industrie aufgenommen? Werden auch Arbeitsplätze mit dieser Fokussierung angeboten?

Die Nachfrage nach gut ausgebildeten Absolventen unseres Studienganges ist seit vielen Jahren gut bis sehr gut. Unsere „Kunden“ sind in allen Branchen zu finden. Die Packstoff- und Packmittelhersteller, die Lebensmittel-, Pharma-, Kosmetik- und Konsumgüterindustrie, die Maschinenbauer und die Automobilindustrie und ihre Zulieferer bieten sehr interessante Aufgabenfelder. In den letzten Jahren sind die Tätigkeitsbeschreibungen in Richtung Nachhaltigkeit erweitert worden.

Wie ist die internationale Wahrnehmung des Themas?

Das ist unterschiedlich. Menschen wie Trump und Putin interessiert das nicht. Aber viele der Unternehmen in diesen Ländern schon. Die Anforderungen eines Konzerns wie Nestlé sind in Russland die gleichen wie in der Schweiz.

Unternehmen, die einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen, sehen sich mitunter dem Verdacht ausgesetzt, diesen nur als Feigenblatt zu haben und eigentlich eine andere Agenda zu verfolgen, also Greenwashing zu betreiben. Wie schätzen Sie das ein?

Das ist nicht trivial! In der Automobilbranche sehen wir ja gerade, welche Folgen es hat, wenn ökologische Maßnahmen nur behauptet werden. Ich weiß nicht, wieso sich ein Unternehmen diesem Risiko aussetzen sollte, am Ende an den Pranger gestellt zu werden.

Nachhaltigkeit kostet Geld. Wie steht es um das Verhältnis von Kosten und Nutzen?

Das lässt sich nicht verallgemeinern und ist eine individuelle Entscheidung. Diese hängt sicher auch davon ab, wo die Maschine zum Einsatz kommt. Gerade im Hinblick auf den Grad an Automatisierung und die gewünschten Effizienzsteigerungen gibt es doch international große Unterschiede, auf die Maschinenbauer mit ihren Konfigurationen individuell eingehen. Diese stehen ja auch im Wettbewerb zu anderen Unternehmen, am Ende geht es natürlich auch um den Preis – man muss sich Nachhaltigkeit auch betriebswirtschaftlich leisten können.

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