Mehr Verbote statt Gebote?

Beim Deutschen Verpackungsrechtstag diskutierten am Mittwoch in Frankfurt Experten über Regulierungen im Verpackungsbereich. Es ging dabei auch um Reizthemen wie Kunststoffsteuer, Sonderabgaben und Littering-Fonds.

Das Verpackungsgesetz hätte schon 20 Jahre früher eingeführt werden sollen. Das sagt der Jurist und Ministerialdirigent a.D. Dr. Thomas Rummler. Er fühle „sich ein bisschen als Geburtshelfer der Verpackungsverordnung“ berichtete er am Mittwoch den Teilnehmenden des Deutschen Verpackungsrechtstags, den die Zeitschrift für das gesamte Lebensmittelrecht (ZLR) und packREPORT in der Sofitel Frankfurt Opera veranstalteten. Rummler war vor seiner Pensionierung seit 1987 im Bundesumweltministerium und seit 2005 mitverantwortlich für die Einführung der abfallrechtlichen Produktverantwortung im Verpackungsbereich sowie für die Entwicklung der Kreislaufwirtschaft.

Im Rahmen der Veranstaltung, die von packREPORT-Redakteur Matthias Laux moderiert wurde, blickte das Fachpublikum aber nicht nur auf die Genese der Verpackungsverordnungen und Gesetze, sondern auch in die Zukunft. Droht ein Verbot von bestimmten Verpackungsmaterialien – kommt die Kunststoffsteuer? So lautete das Thema einer Paneldiskussion während des Hybridkongresses. Dr. Matthias Klein, Referent im Bundesumweltministerium, berichtete, dass die Evaluierung des Verpackungsgesetzes derzeit in Berlin anstehe. Insgesamt sei man sehr zufrieden, auch wenn sich die neue Regierung anschauen werde, welche Novellierungen nötig seien. Einzelne Materialien zu verbieten, sei keine Lösung, stellte Klein klar. Höchstens Additive, die das Recycling erschweren, könnten aus seiner Sicht verboten werden. „Reine Kunststoffverpackungen können manchmal nachhaltiger als Papierverpackungen sein, bei denen das Produkt schnell verdirbt.“ Kunststoff habe im Verpackungsbereich seine Berechtigung. Man solle aber sparsamer damit umgehen und es in Kreisläufe geben. „Es gibt wunderbare Mehrwegverpackungen aus Kunststoff“, sagte Klein.

Entschieden gegen weitere Verbote ist Dr. Markus Pauly, der als Rechtsanwalt und Spezialist für Umweltrecht zahlreiche Mandanten aus dem To-Go-Verpackungsbereich vertritt. Seit 3. 7. 2021 sind gemäß einer Verordnung, die sich auf die EU-Kunststoffrichtlinie bezieht, To-Go-Lebensmittelbehälter und Getränkebecher aus EPS (expandiertes Polystyrol) verboten. Pauly kritisierte, dass unter anderem das Land Berlin zusätzlich das Verbot von Behältern aus XPS (extrudiertes Polystyrol) fordere. Das verwirre und führe zu Problemen. „Man muss Rechtssicherheit schaffen.“ Aus beiden Materialien, die aussehen wie Styropor, gibt es To-Go-Menüschalen oder -Getränkebecher, die den Inhalt warmhalten. „Man sollte es dabei bewenden lassen, was bisher geregelt ist“, so Pauly. Der To-Go-Anbieter könne auch die Mehrwegalternative anbieten, sagte er an die Adresse der Verpackungskritiker. Es drohe eine Überregulierung, so Pauly.

„Lebensweisen verändern sich“

Eine ähnliche Meinung vertrat Dr. Carl Dominik Klepper, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Verpackung und Umwelt. „Lebensweisen verändern sich, kleinere Verpackungen sind nachgefragt – auch Unterwegs-Verpackungen“, sagte er. Der Verbraucher sei derjenige, der die Nachfrage regele. Dem widersprach Thomas Fischer, Leiter Kreislaufwirtschaft der Deutschen Umwelthilfe. Er nannte das Beispiel einer 0,15-Liter-Dose als unnötige Verpackung. Und es seien bestimmt nicht die Verbraucher, die die Folie für regionale Karotten gefordert hätten. „Mir fallen genug Beispiele ein, für Verpackungen, die man nicht braucht.“ Dem „Sie werden gekauft“ von Klepper entgegnete Fischer: „Aber sie sind nicht umweltfreundlich.“ Dennoch solle man solche Produkte nicht durch Verbote „oder pseudosozialistische Eingriffe“ eingrenzen wollen, konterte Klepper.

Beteiligung an Littering-Fonds

Klein stellte klar, dass der deutsche Gesetzgeber Verpackungen nicht verbieten könne, das gehe nur auf europäischer Ebene. Eine Möglichkeit sei, über die Beteiligung an Fonds wie einen Littering-Fonds oder eine Kunststoffsteuer, Verpackungshersteller dazu zu bewegen, nachhaltiger zu agieren. Wenn da noch eine Beteiligung am Dualen System hinzukomme, dann habe der Hersteller einige Abgaben für bestimmte Verpackungen zu leisten und somit Hürden zu meistern. Die neue Koalition werde auch Steuer- oder Sonderabgaben prüfen. Allerdings sollte der Gesetzgeber laut Klein dabei aufpassen, dass die Verpackungshersteller dann nicht andere Materialien und Verpackungsarten wählen, mit der sie diese Maßnahmen umgehen können, die aber auch nicht gut zu recyceln sind. Davor hatte auf dem Kongress auch der Generalsekretär der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister, Dr. Alexander Dröge, gewarnt.

von Anna Ntemiris