Für Genuss und das gute Gewissen

Das Start-up Nucao aus Leipzig möchte Vorreiter für vegane und nachhaltige Schokoladenprodukte sein und setzt jetzt auf eine Primärverpackung aus Papier von Koehler Paper. Im Interview berichten Mathias Tholey, Geschäftsführer und einer der Gründer von Nucao, und Mathias Schwarz, Verpackungsingenieur bei Nucao, dass sie noch in diesem Jahr (2023) alle Verpackungen umstellen wollen.

Herr Tholey, warum wollen Sie den Schokoladenmarkt umkrempeln?

Tholey: Wir wollen als Food-Start-up ganzheitlich vorgehen, um den Klimawandel zu stoppen. Es ist allgemein bekannt, dass die Fleischindustrie viel C02 verbraucht. Aber nur wenige wissen, welch enormen Schaden der Kakaoanbau anrichtet. Wir produzieren vegane Schokolade, entscheiden uns bewusst gegen Milchpulver, um C02 zu sparen und beziehen Kakao zu einem wachsenden Teil aus Agroforstsystemen. Auch der Zucker kommt bei unseren Produkten nicht aus Zuckerrohrplantagen aus Übersee, sondern von heimischen Zuckerrüben. Das ist die teurere, aber umweltfreundlichere Alternative. Bei der Verpackung setzen wir bereits seit 2016 auf nachhaltige Materialien und sind dabei bis heute Vorreiter. Wir haben mit hauskompostierbarer Folie angefangen und nun kommt der recycelbare Papierbeutel. Wir wollen den Schokoladenmarkt umkrempeln – aber nicht mit dem erhobenen Zeigefinger, sondern mit Spaß und Optimismus. Zwar stehen wir für die gleiche Sache ein wie fast alle Klimaaktivisten, aber wir glauben, dass Hoffnung und Aufbruch im Vergleich zu Weltuntergangshymnen die konstruktiveren Ansätze sind. Wir wollen, dass Konsumentinnen und Konsumenten unsere nucao Schokoladen mit bestem Wissen und Gewissen für sich und den Planeten genießen können. Das soll unsere bunte Verpackung deutlich machen.

Papierverpackungen sind nicht neu. Der Konsumgüterriese Nestlé hat zum Beispiel Smarties in Papier erfolgreich eingeführt und testet gerade in Australien Kitkat in einer Papierverpackung. Warum meinen Sie, nachhaltiger als andere Produzenten zu sein?

Schwarz: Nestlé hat bei Smarties die Sekundärverpackung verändert. Wir bieten als erster Schokoladenhersteller nun Primärverpackungen mit Barrierefunktion an. Das ist der Unterschied. Das, was Nestlé jetzt zum Beispiel in Australien mit Kitkat testet, entspricht unserem Modell. Das ist eine gute Sache.

Warum gehen nur einige Produkte in Papier? Was ist mit den anderen Produkten?

Schwarz: Wir kamen schon immer ausschließlich nachhaltige Verpackungen für unsere Produkte in Frage. Mit den jüngst lancierten Nuss- und Früchtesnacks sind wir sofort auf die Papierverpackung umgestiegen. Unsere Riegel werden aktuell noch in heimkompostierbaren Zellulosefolien verpackt, genauso wie unsere Tafeln.

Aber nicht jeder hat einen Komposthaufen zuhause. In die Biotonne gehört diese Verpackung ja nicht.

Schwarz: Das stimmt. Daher wollen wir jetzt noch einen Schritt weiter gehen und in diesem Jahr alle unsere Verpackungen auf Papier umstellen. Das geht nicht von heute auf morgen, denn dazu sind unter anderem Maschinen- und Sensoriktests notwendig. Der Papierrecyclingstrom gehört jedoch zu den nachhaltigsten, die es gibt. Eine Papierfaser kann laut Hersteller der Verpackung bis zu 25 mal verwendet werden.

Tholey: Aber zurück zu unserer hauskompostierbaren Folie. Wenn diese in der Tonne landet, ist sie bei der Verbrennung nicht schädlich. Aber die Entsorgung über die Papiertonne ist für die Kunden definitiv einfacher, weshalb wir auf die Papierverpackung umsteigen möchten. Die Papierrecyclingströme funktionieren darüber hinaus auch europaweit sehr gut.

Nucao hat eine Vielzahl an kleineren Produkten und somit Verpackungen im Portfolio. Es entsteht durch kleinere Verpackungen mehr Abfall als durch große. Welche Rolle spielen die Packungsgrößen?

Schwarz: Rein technisch könnten wir eine Verpackung mit 14 Riegeln anbieten. Aber es ist unrealistisch, dass so ein Produkt gekauft wird. Zudem ist der Produktschutz ist eine Grundfunktion einer Verpackung. Und dieser kann bei einer bereits geöffneten Verpackung nicht garantiert werden; die Haltbarkeit der Schokolade kann nicht gewährleistet werden.

Nucao gibt es unter anderem in Biosupermärkten, aber auch in Filialen der Drogerieketten und bei Lebensmitteleinzelhändlern. Finden die veganen Riegel und Snacks am Ende nicht auch deshalb Käufer, weil sie so bunt im Regal auffallen?

Tholey: Wir richten unseren Fokus auf Nachhaltigkeit. Aber wir wissen auch, dass das bei Süßwaren kein Haupteinkaufsgrund ist. Die Menschen kaufen Schokolade, die ihnen schmeckt, bei der der Preis stimmt und die in ihrer Nähe verfügbar ist. Unsere Verpackungsfarben sind nicht braun oder grün, um Nachhaltigkeit zu symbolisieren. An unseren Logos – und davon haben wir einige auf der Verpackung – erkennen die Konsumentinnen und Konsumenten aber deutlich, dass sie ein nachhaltiges Produkt in der Hand halten.

Das nachhaltigste Produkt hilft wenig, wenn der Mensch es am Ende achtlos in die Umwelt wirft. Was sagen Sie zur Idee, Pfandsysteme für einfache Verpackungen einzuführen.

Schwarz: Wenn Pfandsysteme gut etabliert und einheitlich von möglichst vielen Abfüllern eingesetzt werden (Beispiel: Euro-Flasche, NRW-Flasche) ist die Verwendung durchaus als positiv zu betrachten. Denn Abfüllung, Reinigung, Transport und Logistik spielen bei Mehrwegverpackungen auch eine große Rolle und hinterlassen auch einen ökologischen Fußabdruck. Bei Schokoladenriegeln kann ich mir allerdings keine Mehrwegverpackung vorstellen.

von Anna Ntemiris