„Unser Gehirn ist eine faule Sau“

Verpackungen sind emotionale Werttreiber. Alles auf der Verpackung hat eine Botschaft: Bestsellerautor und Hirnforscher Dr. Hans-Georg Häusel erklärt auf der FACHPACK-Pressekonferenz, wie wichtig Verpackungen für Kaufentscheidungen sind.

Unser Emotionssystem beeinflusst unser Denken. Und wer denkt, er kann seine Emotionen ausschalten, irrt. „Unser Bewusstsein ist das Ende eines unbewussten Bewertungssystems“, erklärt Dr. Hans-Georg Häusel. Der bekannte Psychologe, Bestsellerautor und Mitgründer der Gruppe Nymphenburg Consult AG in München, ein Beratungsunternehmen für Händler, Markenhersteller und Dienstleister sprach auf Einladung der Messe Fachpack über die Bedeutung von Verpackungen für Kaufentscheidungen. Verpackungen werden unbewusst von den Emotionssystemen bewertet. So spielen sich im Gehirn Einordnungen ab, mehrere Emotionssysteme sind zeitgleich aktiv, sie prüfen, ob das Produkt zum Beispiel Sicherheit oder Abenteuer, Harmonie oder Macht anbietet.

Wer als Markenhersteller einen höheren Preis für ein eher unscheinbares Produkt fordern möchte, kann dies durch Emotionalisierung der Verpackung erreichen, so Häusel. „Ich erzähle wunderbare Geschichten über Kaffee, ich inszeniere ihn und schon können Sie mehr Geld verlangen.“  Nicht jede gute Verpackung kommt bei den Konsumenten am Ende gleich gut an. Je nach Geschlecht und Emotionstyp unterscheidet sich der Kaufanreiz. Derjenige, der mehr nach Extravaganz statt nach Zuverlässigkeit verlangt, lässt sich auf bestimmte Formen und Farben, Worte und Geschichten anders ein. Die bekannte Milchmarke Weihenstephan stehe zum Beispiel für Heimatgefühl, Zuverlässigkeit, Disziplin und Kontrolle. Der Kunde findet nur Blau und Weiß auf der Verpackung. Selbst der Aufdruck „1,5 % Fett“ habe für das Gehirn eine Kontrollfunktion. Ein Fertigprodukt, das auf der Verpackung angibt, „Frühlingskräuter“ zu beinhalten, spreche das Gefühl der Leichtigkeit an. Und wenn eine Gabel auf der Verpackung abgebildet ist, bekomme das Gehirn das unbewusste Signal, das jetzt das Essen beginne.

Öffnen der Verpackung

„Unser Gehirn ist eine faule Sau“, sagt der Wissenschaftler. 20 Prozent der Körperenergie verbrauche der Mensch fürs Denken. Das Gehirn ist „ein Energiefresser“. Daher sollte der Handel, es dem Gehirn so einfach wie möglich machen. Eine Einkaufsentscheidung dürfe nicht zur Stresssituation führen. Der wichtigste Moment bei einer Verpackung sei das Öffnen. „Es gilt, diesen Moment richtig zu inszenieren. Das Produkt wird durch einfaches Öffnen sichtbar.“ Der Genuss oder Gebrauch könne beginnen. „Denken Sie an das Auspacken der Geschenke unterm Weihnachtsbaum, wenn Sie ans Öffnen von Verpackungen denken.“

Das Emotionssystem fordere schließlich die sofortige Belohnung nach der Auswahl des Produkts. Verspreche eine Marke, durch den Kauf ihres Produkts nachhaltiges Handeln, sei dies keine sofortige Belohnung für das Gehirn. Hersteller von Produkten seien hier gefragt, von sich aus die Verantwortung für nachhaltiges Handeln zu übernehmen, sagte Häusel an die Adresse der Industrie.

FACHPACK als Treffpunkt der Verpackungsbranche

Mit dem Vortrag von Häusel gab die Fachpack den Startschuss für die Messe zu ihrem turnusgemäßen Termin vom 28. bis 30. September 2021 in Nürnberg. Damit ist sie der erste große Treffpunkt für die Verpackungsbranche seit langem. Zur europäischen Fachmesse für Verpackung, Technik und Prozesse sind derzeit 673 Aussteller angemeldet, die sieben Messehallen belegen. Zahlreiche namhafte Verpackungsmaschinen- und Packmittelhersteller sind mit dabei und nutzen die Geschäftschancen, die die FACHPACK bietet. Das Leitthema der FACHPACK 2021 heißt „Umweltgerechtes Verpacken“. Es spiegelt sich auf Sonderschauen, im Vortragsprogramm, bei Preisverleihungen und auf den Messeständen der Aussteller wider.

Von Anna Ntemiris