Wir brauchen digitale Plattformen

Bernd Zipper, Gründer der Zipcon Consulting GmbH, zur Bedeutung von Printbrokern in Großbritannien und Deutschland und zur Relevanz von Plattformen.

Herr Zipper, im Ausland, etwa in Großbritannien, sind Printbroker oder auch Printmanager eine wichtige Institution. Sie managen den Herstellungsprozess und verhandeln für ihre Kunden gute Preise. Ein Modell auch für den deutschen Verpackungsmarkt?

Es ist ja nicht so, dass wir hier keine Printbroker hätten. Die Ausprägungen hierzulande sind halt anders als im Ausland – und dennoch gibt es hier Unternehmen, die zum Teil als Printbroker auftreten. Einer der führenden Onlineprinter Wirmachendruck vergibt beispielsweise einen Großteil der Aufträge extern und dazu zählt auch das Packaging. Und auch andere Marktteilnehmer aus der Online-Print-Branche schauen da ganz genau drauf. Aber darüber hinaus gibt es diese Broker im Bereich Packaging bei uns nicht.

Warum nicht?

Die Verpackungsunternehmen akquirieren die Aufträge im Wesentlichen selbst und handeln sie direkt mit dem Auftraggeber aus. Die Markenartikler wiederum haben eigene Einkaufsabteilungen und sparen sich so 5 bis 15 Prozent bei der Marge, die ein Printbroker kosten würde. Diesen Einkaufsvorteil wollen sie für sich behalten.

Wie haben sich Printbroker dann in Großbritannien etablieren können?

Dort ist der Markt etwas anders aufgestellt; es gibt nicht diese lange Ausbildung zum Drucker. In Deutschland hingegen haben wir eine lange Fachkräftetradition. Wenn Markenartikler sich hier an eine Druckerei wenden, haben sie es mit echten Spezialisten zu tun, mit denen sie auf Augenhöhe diskutieren können. In Großbritannien übernimmt dieses Druckmanagement oft der Printbroker – er kennt sich aus, er ist der Spezialist und kann den Kunden entsprechend beraten.

Wie wirkt es sich aus, dass der Verpackungsmarkt in Deutschland sehr fragmentiert ist?

Die deutschen Verpackungsunternehmen sind überwiegend hochspezialisiert. Es ist deshalb sinnvoll, dass sie direkt mit dem Kunden kommunizieren. In Großbritannien haben wir es öfter mit generischen Produkten zu tun, vor allem geben hier die großen Handelsketten sehr viel vor. Folglich kümmern sich Printbroker dann im Auftrag der Unternehmen auch um alle Verpackungen.

Welche Rolle spielt die Digitalisierung?

In der agilen Printproduktion werden digitale Plattformen, die als Broker fungieren, immer mehr an Bedeutung gewinnen. Standardisierte Produkte können über diese Plattformen direkterworben werden – und wenn es mehr ins Detail geht, kaufen die Anbieter Dienstleistungen hinzu, um wiederum ein größeres Portfolio anbieten zu können. In Großbritannien gibt es ohnehin eine andere Brokerage-Kultur und auch eine andere digitale Kultur. Hier wurde schnell verstanden: Wir brauchen digitale Plattformen.

Plattformen sind also aus Ihrer Sicht die Zukunft?

Der Druck, Verpackungen schnell und termintreu zu produzieren, steigt – auch und vor allem im Verpackungsbereich. Früher hatte man gefühlt ewig Zeit, um einen Auftrag zu bearbeiten. Heute sind die Vorlaufzeiten sehr viel geringer, noch dazu gibt es immer mehr Aktionsware. Wenn ich am Dienstag eine Ladung Ware aus China bekomme, die am Donnerstag verpackt sein muss, dann habe ich nicht mehr die Zeit, mich telefonisch mit dem Verpackungshersteller abzustimmen. Über digitale Plattformen ist man um ein Vielfaches schneller, die Daten liegen dann auch schon vor und können gleich verarbeitet werden. Und zudem können Templates hinterlegt werden, über die die großen Hersteller Hunderte Varianten von ein und derselben Verpackung erzeugen können, je nachdem, für welchen Markt das Produkt gedacht ist, und in welcher Produktvariante. Ich glaube, was das betrifft, wird im Verpackungsmarkt in Deutschland noch sehr viel passieren.

Bernd Zipper, Gründer der Zipcon Consulting GmbH, zur unterschiedlichen Bedeutung von Printbrokern in Großbritannien und Deutschland und zur Relevanz digitaler Plattformen.