„Trend zur Individualisierung ist am Abklingen“

Friedrich Detering, Geschäftsführer der Flaechenbrand GmbH, Agentur für Markenentwicklung und Packaging Design, erklärt im Interview, was ein gutes Etikett heute bedeutet.

Was macht ein gutes Etikett aus?

Sehr wichtig ist, dass es unabhängig vom Design für Orientierung und eine Art Augenführung sorgt. Wohin geht mein Auge? Was sehe ich zuerst? Das klingt banal, ist aber wichtig. Diese Informationshierarchie kommt im Bruchteil von Sekunden an. Wenn dieser Punkt erreicht ist, muss ein gutes Etikett emotionalisieren und differenzieren.

Bei den Süßwaren ist dies auch aufgrund der Fülle an Produkten schwieriger geworden. Die alte Art, um eine Marke zu transportieren –  „die Kuh ist lila“ – ,  reicht nicht mehr. Man muss Geschichten erzählen, im schwierigsten Fall auf einer visitenkartengroßen Fläche.  In Zeiten, in denen Design verkaufsentscheidend ist, ist es unglaublich schwer, seine eigene Markenidentität zu haben. Wenn man zum Beispiel in die Kosmetikregale schaut, findet man einige negative Beispiele. Bei Badezusatz gibt es nur zwei Marken, die wirklich sichtbar sind: Kneipp und Dresdner Essenz. Diese Marken sind als solche erkennbar.

Ein Etikett ist dann erfolgreich, wenn der Haben-wollen-Effekt eintritt. Manchmal bleibt dieser Effekt aus, obwohl das Etikett gut gemacht ist. Genialität und Zufall spielen eben auch eine Rolle. Wer sich traut, mit Kategoriecodes zu brechen, etwas vollkommen Neues zu gestalten, kann manchmal auch den Haben-wollen-Effekt erzielen. Übrigens ist nicht immer das Etikett entscheidend. Bei vielen Parfüms sieht man nur die Flasche und weiß bereits, um welche Marke es sich handelt.

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Besteht bei einem Etikettenwechsel die Gefahr, die Stammkunden zu verlieren?

Wir werden als Agentur häufig beauftragt, Marken zu relaunchen. Wenn wir das tun, dann denken wir zunächst in Routen: Von der Evolution bis zur Revolution. Die weiteste Route ist die Revolution. Nachdem die revolutionierten Marken in der Marktforschung getestet wurden, erhalten wir zu 80 bis 90 Prozent die Antwort, dass es wieder näher an dem ursprünglichen Etikett sein muss. Wir geben dem Produkt durch die neue Verpackung einen neuen Dreh, an die Grundpfeiler der Marke zu gehen.

Welche Trends gibt es bei Etiketten?

Ein Trend heißt „Es gibt tausend Trends“. Es entwickeln sich ganz unterschiedliche Nischenprodukte. Ein weiterer Trend heißt Zuspitzen und nicht den Mainstream bedienen. Ein anderer Trend, der von einem moralischen Impetus angetrieben wird, ist seit etwa fünf bis sieben Jahren die Natürlichkeit. Die Gesellschaft wird immer grüner. Selbst die Discounter haben erkannt, dass sie Salat in einer Backpapieroptik anbieten müssen. Sie adaptieren den natürlichen Look. Handgeschriebene Typographien mit matten Strukturhintergründen verleihen zum Beispiel einem Etikett einen natürlichen Charakter, auch wenn es dennoch aus Plastik besteht. Von diesem Trend profitieren diejenigen, die echte Innovationen bieten. Die Dosen des Berliner Kakao-Drink-Herstellers Koawach sind zum Beispiel aus Pappe. Man sieht sie mittlerweile in immer mehr Geschäften. Der Mainstream-Markt will vom Design profitieren. Neue Tools wie zum Beispiel ein Bändchen fürs Marmeladenglas kommen an. Craft Beer ist durch Startups attraktiv geworden, die den Trend Natürlichkeit bedienen. Aber auch aus der Kosmetikbranche gibt es Beispiele. Das Shampoo Langhaarmädchen ist eine solche Marke. Die Drogeriekette dm hat das Nischenprodukt eines Startups in ihre Regale geholt und damit Langhaarmädchen erfolgreich zum Mainstream gemacht. Der Trend Natürlichkeit hat übrigens Unterkategorien wie Nostalgie, Romantik, Handgemacht.

Ein weiterer Trend ist Premium, das elitäre Design ist ebenfalls gefragt.  Jeder Händler hat neben den günstigen Eigenmarken auch Premium-Eigenmarken im Angebot. Bei Rewe sind es die Ja- und die Feine Welt-Produkte. Für die Anforderungen an die Design-Sprache macht es keinen Unterschied, welcher Trend bedient werden soll. Günstigere Produkte haben kein einfacheres Design. Auch gibt es den Trend der Feminisierung. Konsumgüter erhalten ein betont weibliches Design.

Der Trend zur Feminisierung widerspricht dem Gender-Trend?

In der Konsumgüter-Industrie gibt es bislang keine Gender-Debatte. Konsumenten definieren sich über die Produkte. Sie wollen die Unterscheidung.

Und was ist mit dem Trend zur Individualisierung? Individuelle Verpackungen seien angesagt, erklären Marketing-Experten.

Mein Bauchgefühl sagt, dass dieser Trend bereits am Abklingen ist. Er war am Peak mit der Nutella-Namens-Aktion. Wie viel Relevanz haben individuell angefertigte Etiketten letztendlich? Man kauft vielleicht einmal ein solches Produkt und freut sich über das persönliche Stück. Beim dritten Mal ist es schon nichts Besonderes mehr.

Nennen Sie ein Beispiel für ein erfolgreiches Etikett?

Unsere erfolgreichste Neueinführung ist der Packaging Launch von Die Limo von Granini gewesen. Das transparente Sleeve und die Flaschenverjüngung sind dem Premium-Anspruch der Marke, die in den 90ern besonders stark war, treu geblieben. Das transparente Etikett der Granini-Limo simuliert eine natürliche Limonade. Das Ziel ging zu hundert Prozent auf. Aus der Limo ist ein eigener Umsatzbereich geworden.

Ist der QR-Code auf dem Etikett ein Störfaktor?

Wir dachten zwischendurch, der QR-Code sei weg. Aber es gibt ihn noch immer. Das ist für uns Designer nichts Dramatisches. Er ist wie das Pfandlogo eine Pflichtangabe, die wir einbauen. Ich glaube aber, dass es in einigen Jahren aufgrund neuer technischer Möglichkeiten keinen QR-Code mehr auf dem Etikett geben wird. In drei bis vier Jahren hält man das Produkt ohne QR-Code vor die Kamera und es wird als solches erkannt.

Strategie, Markenentwicklung, Brand Identity, Corporate Design, Logo, Packaging Design, Kommunikation: Diese Leistungen erbringt die Flaechenbrand GmbH seit 2007 für namhafte nationale und internationale Marken aus dem Bereich Food & Beverage. Die Wiesbadener Agentur, die auch einen Sitz in Hamburg hat, wurde in den vergangenen Jahren mehrfach international und national ausgezeichnet.

 

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